Herbert Rosendorfer tot

Ein Chronist der Alltagsabsurdität

Der bekannte Südtiroler Autor Herbert Rosendorfer starb gestern im Alter von 78 Jahren in Bozen.

Bozen –Die Realität sei im Grunde skurril, man müsse nur genau genug hinschauen, hat Herbert Rosendorfer immer dann gesagt, wenn er sich als leichter Humorist denunziert sah. Er sei zeit seines Lebens das geblieben, was er schon mit seinem Romandebüt „Der Ruinenbaumeister“ (1969) für sich beanspruchte: ein fantastischer Realist. Einer also, der Vorgefundenes so lange dreht und wendet, bis sich selbst vermeintlich Unerschütterliches auflöst und auch robuste Regelwerke fragwürdig werden.

„Manchmal“, sagte Rosendorfer, „muss man nur die Perspektive wechseln, um sich wundern zu können.“ So geschehen in seinem Buch „Briefe in die chinesische Vergangenheit“ (1983), das ihm – damals bereits Richter am Münchner Amtsgericht – den literarischen Durchbruch bescherte. Das Buch verkaufte sich über 1,6 Millionen Mal. Darin beobachtet ein aus der Zeit gefallener Chinese das Treiben in der bayrischen Landeshauptstadt und kann nur die Stirn runzeln. Der Aufklärer Montesquieu hat bereits im 16. Jahrhundert in den „Persischen Briefen“ einen ähnlichen Kunstgriff angewandt, um Kritik zu üben. Und vielleicht sah sich auch Rosendorfer dieser Tradition verpflichtet. Er wolle zwar nicht moralisieren, aber auf Vorgänge hinzuweisen, müsse erlaubt sein, hat er einmal gesagt.

Mit der Absurdität des Alltäglichen kam Rosendorfer früh in Kontakt: Er wuchs in München auf, weil seine Eltern für Deutschland optierten. Dort studierte er, „um etwas Solides vorweisen zu können“, Jura. Erst nach seiner Pensionierung als Richter kehrte er 1997 in seine Geburtsheimat Südtirol zurück. Da hatte er bereits unzählige Romane, mehrere Opernführer und Libretti geschrieben. In seinem Alterssitz in Eppan schrieb er weiter, u. a. eine mehrbändige „Deutsche Geschichte“. Zuletzt erschien vor einigen Monaten „Huturm“ (Folio Verlag). Für den 8. Oktober ist sein neuestes Buch „Die Kaktusfrau“ angekündigt. Es wird sein letztes sein. Gestern starb Herbert Rosendorfer nach längerer Krankheit im Bozner Krankenhaus. Er wurde 78 Jahre alt. (jole)