Angst vor Freitagsprotesten

Obama will aufgebrachte Pakistaner via TV-Spot erreichen

Angesichts der jüngsten islamfeindlichen Provokationen werden nach den Freitagsgebeten in der gesamten islamischen Welt massive Proteste erwartet. US-Präsident Obama schaltet nun TV-Spots in Pakistan, um die aufgebrachten Gemüter zu besänftigen.

Washington, Paris, Berlin, Tunis – Die US-Regierung beschreitet neue Wege, um die aufgebrachten Menschenmengen in der islamischen Welt zu besänftigen. Vor den im Anschluss an das Freitagsgebet befürchteten Unruhen wegen des islamfeindlichen Mohammed-Videos haben die USA Sendezeit auf Fernsehsendern in Pakistan gekauft. Auf sieben Sendern laufe ein Spot der US-Regierung, in der diese sich von dem Video distanziere, sagte die stellvertretende Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, am Donnerstag (Ortszeit) in Washington.

In dem rund 30 Sekunden langen, mit Urdu-Untertiteln versehenen Beitrag sagt US-Präsident Barack Obama, die Vereinigten Staaten seien ein Land, das seit seiner Gründung alle Glaubensrichtungen akzeptiere. US-Außenministerin Hillary Clinton betont darin außerdem, dass die USA mit dem islamfeindlichen Video nichts zu tun haben.

Nuland sagte, die Spots hätten 70.000 US-Dollar (54.000 Euro) gekostet. Die sieben Sender, auf denen sie ausgestrahlt würden, könnten theoretisch 90 Millionen Pakistaner erreichen.

In vielen islamischen Ländern rund um den Globus kocht seit mehr als einer Woche Wut über ein im Internet verbreitetes, in den USA produziertes Mohammed-Schmähvideo hoch. Etliche Menschen starben bei Krawallen. Davon unbeeindruckt provoziert das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo in seiner aktuellen Ausgabe mit seitenweise Karikaturen, die den Propheten auch nackt und in unsittlichen Posen zeigen.

Pakistans Premier für internationales Blasphemieverbot

Aus Empörung über die Beleidigung des Propheten haben sich Demonstranten in der pakistanischen Stadt Peshawar am Freitag bereits Straßenschlachten mit der Polizei geliefert und ein Kino niedergebrannt. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen die aufgebrachte Menge ein. Mindestens fünf Demonstranten seien verletzt worden, verlautete aus dem Hauptkrankenhaus in der Grenzstadt zu Afghanistan. Der pakistanische Premierminister Raja Pervez Ashraf hat den Streifen heftig kritisiert und sich für ein internationales Blasphemieverbot ausgesprochen. Derartige Verunglimpfungen hätten nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Nach dem pakistanischen Anti-Blasphemie-Gesetz, das unter der Diktatur von General Mohammed Zia ul-Haq erlassen worden war, ist Gotteslästerung mit dem Tod zu bestrafen.

Zahlreiche politische und religiöse Gruppen riefen zu Protesten nach den heutigen Freitagsgebeten auf. In Islamabad und anderen Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt. „Ein Angriff auf den Heiligen Propheten ist ein Angriff auf alle 1,5 Milliarden Muslime“, erklärte Premier Ashraf. Pakistan hat Freitag zum „Tag der Liebe zum Propheten Mohammed“ ausgerufen.

Tunesische Regierung verbietet Freitags-Demonstrationen

In Nordafrika wurden am Freitag vorsorglich zahlreiche französische Institute und Schulen geschlossen. In Tunesien verbot die Regierung aus Furcht vor gewalttätigen Ausschreitungen alle für Freitag geplanten Demonstrationen und Versammlungen. Bei Zuwiderhandlungen werde die Polizei konsequent eingreifen – notfalls auch mit Waffengewalt, warnte das Innenministerium.

Friedlich demonstrierten am Freitag etwa 5000 Menschen in Malaysia gegen das islamfeindliche Video. Regierungschef Najib Razak bezeichnete den Film als „tief verletzend“, rief seine Landsleute aber auf, Ruhe zu bewahren und dafür zu sorgen, dass die Proteste nicht in Gewalt ausarten. „Mehr als je zuvor muss jeder von uns dazu beitragen, dass wir uns alle um mehr Respekt, Toleranz und gegenseitiges Verständnis bemühen, um in Harmonie leben zu können“, sagte der Premier.

Zahlreiche deutsche Botschaften bleiben komplett geschlossen. In vielen deutschen Städten sind Protestkundgebungen gegen die Verunglimpfung des Propheten geplant.

USA: Tötung von Botschafter Stevens Tat von Terroristen

Die Proteste gegen den Film „Unschuld der Muslime“ hatten am Dienstag vergangener Woche in Ägypten und Libyen begonnen. Bei einem Angriff auf das US-Konsulat in der ostlibyschen Stadt Benghazi wurden Botschafter Chris Stevens und drei weitere Amerikaner getötet. Erstmals bezeichnete die US-Regierung die Tat nun als Terrorismus. Es sei offensichtlich, dass die Tötung Stevens auf das Konto von Terroristen gehe, sagte Regierungssprecher Jay Carney am Donnerstag in Washington.

Die Ermittler hätten bisher aber keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen länger geplanten Terrorakt gehandelt haben könnte. Vielmehr hätten die Täter die Gelegenheit des Augenblicks genutzt. (tt.com/APA/dpa/AFP)