NHL-Lockout

Die Milliardärs-Marionette der NHL: Boss Bettman ist der „bad man“

Er ist der Chef der Eishockey-Liga NHL. Doch zu sagen hat Gary Bettman trotzdem nur das, was ihm die Teambesitzer vorgeben. Seit fast 20 Jahren ist er im Amt - zum dritten Mal steht unter seiner Regentschaft die Liga still. Kein Ruhmesblatt.

Boston - Für die Eishockey-Fans ist Gary Bettman der „bad man“, die Spieler der Profiliga NHL sehen ihn als Marionette der reichen Teambesitzer. Doch egal ob Bösewicht oder gnadenloser Gefolgsmann - Bettman ist auch fast 20 Jahre nach seinem Amtsantritt immer noch Commissioner der besten Eishockeyliga der Welt. Einer Liga, deren Sport „besser ist als je zuvor“, wie der 60-Jährige stolz betont. Die Zahlen geben ihm Recht. Die Jahreseinnahmen haben mit 3,3 Milliarden Dollar ein Rekordhoch erreicht, die Durchschnittsgehälter der Profis mit knapp 2,5 Millionen Dollar ebenso. Die Hallen sind voll, die TV-Einschaltquoten vielversprechend und die Liga ist sportlich so ausgeglichen wie nie. Seit 2006 gab es sieben verschiedene Meister und 29 der 30 Clubs haben die Playoffs erreicht.

Doch zur Bettman-Bilanz zählt auch der dritte Lockout seit 1994. Weil sich Liga und Spielergewerkschaft nicht auf einen neuen Arbeitsvertrag einigen konnten, sind die Profis seit Mitte September ausgesperrt, die Arenen verschlossen und viele Finger auf Bettman gerichtet. „Er ist Angestellter der Besitzer, die wollen Geld machen und deswegen ist es sein Job, uns so viel Geld wie möglich wegzunehmen“, sagt Dennis Seidenberg (Boston Bruins) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Bislang haben die Profis 57 Prozent der Einnahmen bekommen, Bettman versucht sie im Namen der Eigner davon zu überzeugen, dass künftig nur noch ein Schnitt von 48 Prozent drin ist. „Eine dumme Idee von Bettman und seinen Leuten“, findet Alexander Owetschkin (Washington Capitals).

Im Internet wird bereits auf der Seite www.firebettman.com dazu aufgerufen, dem Liga-Boss in einer „freundlichen“ E-Mail mitzuteilen, was man über seine Arbeit als Commissioner so denke. Antipathien sind nicht neu für den gebürtigen New Yorker, der in den Achtzigern als Leiter der Rechtsabteilung in der Basketball-Liga NBA bei David Stern das harte Handwerk erlernt hat. Bettman war gerade mal 18 Monate im Amt, da verkündete er zu Beginn der Saison 1994/95 seinen ersten Lockout.

„Ich spiele 30 Jahre Eishockey. Und jetzt kommt plötzlich einer, der seit einem Jahr dabei ist und sagt uns, dass wir nicht mehr weitermachen dürfen“, echauffierte sich Wayne Gretzky.

Bestens in Erinnerung geblieben sind auch die Sätze von Chris Chelios. Es sei offensichtlich, dass Bettman keine Ahnung vom Eishockey habe, betonte der damalige Verteidiger der Chicago Blackhawks, der dem Neuen ein „Kleiner Mann-Syndrom“ bescheinigte und völlig unaufgeregt anfügte: „Wenn ich Gary Bettman wäre, würde ich mir Sorgen um mein Wohl und das meiner Familie machen. Ein verrückter Fan oder sogar Spieler könnte die Sache womöglich in die eigenen Hände nehmen und ihn beseitigen wollen.“ Nach 104 Tagen war der Arbeitskampf beendet und zumindest eine verkürzte Saison gerettet.

Auch beim nördlichen Nachbarn sind sie nicht gut auf Bettman zu sprechen. Er habe eine „anti-kanadische Haltung“, hieß es, nachdem Bettman in den Neunzigern die Traditionsteams Winnipeg Jets und Quebec Nordiques nach Phoenix und Denver umsiedelte. In der Saison 2004/05 sorgte der gelernte Rechtsanwalt dann für ein Novum im nordamerikanischen Profisport - als die Tarifgespräche erneut stockten, sagte er die komplette Spielzeit ab. Und erst als er androhte, eine weitere Saison ausfallen zu lassen, gaben die Spieler nach, akzeptierten eine Lohnkürzung um 24 Prozent sowie die Einführung einer Gehaltsobergrenze.

Seitdem sind die Ligaeinnahmen um mehr als 40 Prozent gestiegen, Bettmans Gehalt hat sich auf rund acht Millionen Dollar verdoppelt. Den erneuten Arbeitsstopp kreidet er sich auch selbst an. „Wir haben vor sieben Jahren einen Deal gemacht, den wir für fair hielten. Aber letztlich war er zu fair“, sagt Bettman. Er verweist auf die Arbeitskämpfe der NBA und NFL vor einem Jahr. In beiden Ligen, so Bettman, hätten die Spieler eingesehen, dass es an der Zeit ist, sich einzuschränken. (dpa)