Fall Oliver - Dänisches Gericht erkennt Vater Sorgerecht zu
In seinem Heimatland besitzt der Vater das Sorgerecht, in Österreich hat es die Mutter.
Helsingör/Graz/Wien - Im Sorgerechtsstreit um den fünfjährigen Oliver haben die dänischen Behörden dem Vater das Sorgerecht zuerkannt. Das Gericht in Helsingör veröffentlichte am Freitag seine Entscheidung, wonach der Bub weiterhin bei seinem Vater in Dänemark leben soll. Dies berichtete die dänische Nachrichtenagentur Ritzau. Der Antrag der Mutter, das Kind zurück nach Österreich bringen zu können, wurde somit abgewiesen.
Dänische Anwältin legt Berufung ein
Die dänische Rechtsvertreterin von Olivers Mutter wird gegen das Sorgerechts-Urteil vom Freitag berufen. Dies kündigte Mona Meelberg gegenüber dem Fernseh-Sender TV2 an. „Ich erkenne das Urteil nicht an“, wird sie zitiert. Sie vertritt die Ansicht, dass die dänischen Behörden gegen internationales Recht verstoßen, wenn sie den Buben nicht nach Österreich zurückkehren lassen. Zudem habe die Mutter keine Möglichkeit gehabt, sich in Dänemark zu verantworten, „da sie Angst hatte, verhaftet zu werden“.
Der dänische Vater zeigte sich wenig überraschend erfreut über die Entscheidung des Gerichts: „Er ist momentan ein total glücklicher Mann“, sagte sein Sprecher Janus Bang der Nachrichtenagentur Ritzau. Zugleich betonte er die Bereitschaft des Vaters, der Mutter Zugang zum Buben zu gewähren. Die Ankündigung seitens der Mutter, das Erkenntnis anzufechten, kommentierte er gelassen.
„Natürlich gehen sie in Berufung“; wird Bang zitiert. Für ihn ist es aber „undenkbar“, dass das Urteil umgedreht werden kann. „Deshalb sind wir zuversichtlich.“ Der kleine Oliver können nun jedenfalls „endlich Ruhe finden“, meinte er weiters.
Bub im April nach Dänemark gebracht
Der Vater des fünfjährigen Buben hatte am 3. April dieses Jahres gemeinsam mit einem noch unbekannten Komplizen seinen Sohn vor dem Kindergarten in Graz der Mutter entrissen und ihn nach Dänemark gebracht. In seinem Heimatland besitzt der Vater das Sorgerecht, in Österreich hat es die Mutter.
Nach der Tat des Vaters hatte die Rechtsvertretung der Mutter bei den Justizbehörden einen Antrag auf Rückführung des Kleinen nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen gestellt. Darüber war an zwei Tagen Anfang September in Helsingör verhandelt worden. Danach war vom dänischen Gericht ein Urteil in schriftlicher Form innerhalb von 14 Tagen angekündigt worden.
Am Dienstag beginnt Prozess in Graz
Eine weitere Runde im Rechtsstreit um das Kind findet am nächsten Dienstag (25. September) im Grazer Straflandesgericht im Rahmen eines Prozesses gegen den Vater statt. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung erhoben, weil der Däne das Kind gegen den Willen der Mutter in seine Heimat gebracht hatte. Ob der 41-Jährige zur Verhandlung erscheinen wird, ist völlig offen. Eine Ladung hat er über das Amts-und Rechtshilfeverfahren in Dänemark bekommen. Sollte der Beschuldigte nicht erscheinen, könnte erneut ein europäischer Haftbefehl ausgestellt werden. Eine Verhandlung in Abwesenheit ist nicht vorgesehen. (APA)