„Ich wollte mir nichts mehr gefallen lassen“

Österreich im Fußball zum 1:0 über Deutschland schießen und dreimal Kickbox-Weltmeisterin sein geht nicht? Geht doch, sagt Nicole Billa (16).

Von Roman Stelzl

Vill –Es ist jetzt alles nicht mehr so einfach, seufzt Nicole Billa. Klar, die Gegnerinnen sind stärker geworden. Und Kickboxen ist ohnedies ein Kampfsport, der stets auf der geschliffenen Messerschneide des Glücks balanciert. Aber das Seufzen der 16-jährigen Angerbergerin, die in Bratislava (SVK) letzte Woche zum dritten Mal in Folge Junioren-Weltmeisterin wurde, hat einen anderen Grund. Oder, genauer gesagt: eine andere Leidenschaft.

„Kickboxen oder Fußball? Meine Zukunft liegt wohl eher im Fußball. Ich trainiere hart und will irgendwann ins Ausland wechseln“, bricht die träumerische Billa die Lanze für das runde Leder.

Seit dem sechsten Lebensjahr jagt sie die Kugel über den Rasen. Vom Stammplatz bei Wacker Innsbruck führte der Weg ins Internat der Handelsschule für Leistungssport in St. Pölten. Und von dort aufs Grün, direkt in den U17-Kader des ÖFB-Teams. Wo sie vor zwei Wochen Deutschland mit dem Treffer zum 1:0 (74. Minute) abschoss. „Das war schon was Besonderes“, schmunzelt Billa kurz. Und fährt fort: „Aber das große Ziel bleibt die EM-Qualifikation (ab 26.10., Anm.).“

Der Ehrgeiz, das Verlangen stärker, besser zu werden, war auch der Antrieb, der sie einst im Alter von zarten fünf Jahren zum Kampfsport brachte. „Ich war sehr schüchtern, habe mir immer alles gefallen lassen, konnte kaum Gefühle zeigen. Das wollte ich nicht mehr – und so habe ich gelernt, mich selbst zu verteidigen.“ Aus Verteidigung wurde Triumph. Unter der Leitung von Michael Kruckenhauser reifte Billa zur Weltmeisterin.

Dennoch soll Kickboxen weiterhin ein feiner Ausgleich im Leben sein. Und Vorbereitung für den Fußballplatz. „Zweikampfstärke, Beweglichkeit, Sprungkraft – das habe ich vom Kickboxen“, findet Billa die Vorzüge – denen Übersicht, Spritzigkeit und Gemeinschaftsdenken als fußballerische Qualitäten gegenüberstehen.

Mit reifen Ansichten steuert die dreifache U17-Teamspielerin (acht Tore) nun auf die letzten zwei Schuljahre zu. Und dann? Schulterzucken. Liegt ja alles in unbekannter Ferne. Ein bisschen Kickboxen, ein bisschen mehr Fußball – so gestaltet sich der Alltag in Niederösterreich.

Doch der Wacker-Kick ruft zweimal im Monat nach Hause. Mama Biggi kocht dann das, was es im Internat nicht gibt („Lasagne!“). Ehe mit den besten Freundinnen geplaudert, gealbert, gelacht wird. Und alles ganz schnell – wieder ganz einfach ist.