Volksbank halbiert Belegschaft: Bis 2017 müssen 1100 Mitarbeiter gehen
Harte Auflagen der EU zwingen die Volksbanken AG zur Halbierung ihrer Belegschaft. Bis 2017 will die Bank rund 1.100 Mitarbeiter abbauen. Die ÖVAG musste im April mit Kapitalschnitt und Staatseinstieg vor dem Zusammenbruch gerettet werden.
Wien - Die Hälfte der jetzt knapp 2.000 Stellen der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) wird dem bis 2017 dramatischen Rückbau der Bank zum Opfer fallen. ÖVAG-Chef Stephan Koren spricht von einem „signifikanten Personalabbau“. Es gehe um etwa 1.100 Stellen. In seinem ersten Medienauftritt nach Amtsantritt im September nannte Koren nun den von der EU-Kommission vorgegebenen Zeitplan, wie der weitere Abbau von Beteiligungen und Bilanzvolumen vonstatten gehen muss. Die Mitarbeiter wurden gestern Nachmittag im Detail informiert.
Staat rette Bank vor Pleite
Die Bank musste im April mit Kapitalschnitt und Staatseinstieg vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Um einen abermaligen Milliardenverlust wegzubrigen, musste das Kapital herabgesetzt werden. Bis dahin eingeschossenes Bundesgeld war weg - also 700 Millionen einer 1-Milliarden-Spritze von 2009. Auch die bisherigen Aktionäre mussten den Großteil ihres Kapitals abschreiben. Zugleich stemmte der Bund die Hälfte einer neuen Kapitalerhöhung und ist seither neben 300 Mio. Euro verbliebenem Partizipationskapital mit 43 Prozent direkt am Aktienkapital beteiligt.
Nach heutigem Stand will Koren mit dem bisherigen Staatsgeld das Auslangen finden. Sollte sich die Lage an den Märkten nicht deutlich verschlimmern, seien die Kredite ausreichend bevorsorgt. Klar sei aber, dass ein Abbau immer mit erheblichen Risiken verbunden sei. Alles geschehe in einem sehr engen Zeitkorsett. So sei zu beachten, dass Verluste bei Verkäufen nicht so hoch ausfielen, dass die Kapitalbasis zerstört werde.
Ausschließen kann Koren freilich nicht, dass irgendwann noch ein Staatsgeld-Nachschlag nötig wird. „Wir gehen auch nicht davon aus, dass plötzlich reinschneit, dass wir 2 bis 3 Prozent mehr Eigenkapital brauchen“, sagte der Banker. Denn „das wäre ein Problem.“
Der größte Teil der Stellen soll durch Verkäufe von Sparten/Töchtern aus der ÖVAG-Payroll herausfallen. Allein rund 700 der auf der ÖVAG-Streichliste erfassten rund 1.100 Stellen sind in der Volksbank Leasing International. Für diese 50-Prozent-Tochter ist die EU-Deadline für den Verkauf Ende 2014. Die betroffenen Mitarbeiter kämen dann beim Käufer unter.
Einige hundert in Zentrale betroffen
Weitere 200 Mitarbeiter zählen zum so genannten „Abbaubereich“, also Rückzugsgebiete in der Hypothekenkredit- und Unternehmensfinanzierung, der zügig vorangehen soll. Dieser Jobabbau stand schon länger fest. In der ÖVAG-Bankzentrale selbst, im Backoffice, werden nun jedoch weitere 200 Leute ihren Job verlieren. „Die Organisation der Bank steht in jeglicher Weise auf dem Prüfstand“, sagte Koren. Am schwierigsten werde wohl der Abbau des Immobilienportfolios. Ob die Bankzentrale in Wien mitverkauft wird, ist bisher nicht entschieden.
Bis Ende 2015 hat die ÖVAG Zeit bekommen, die - vom Verkauf der Ostbanken an die Sberbank ausgenommene - Rumänien-Tochter zu verkaufen. Laut ÖVAG-Vizechef Michael Mendel sind hier „die Risken adressiert“. Bei vernünftigem Marktumfeld sollte diese Bank verkaufbar sein. Die Rumänien-Tochter selbst ist in der ÖVAG-Bilanz auf einen Euro abgeschrieben und „entkonsolidiert“. Sie war im Halbjahr noch negativ. Abzustoßen hat die ÖVAG auch ihre Bank in Malta. Das ist aber nur ein kleiner Fisch, wie betont wird. Sie könnte man gegebenenfalls auch zusperren.
Für die Verkäufe von Banktöchtern müssen wie international üblich Berater beauftragt werden. Dazu gibt es aber noch keinerlei Festlegungen.
Für den Verkauf des Aktienpakets an der Raiffeisen Zentralbank (rund 5 Prozent) könnte in drei Wochen ein entscheidendes Datum sein. Die ÖVAG will das Paket schon länger versilbern, ein Deal mit Raiffeisen Niederösterreich scheiterte voriges Jahr. Bis 15. Oktober soll sich jetzt entscheiden, ob man mit Raiffeisen handelseins wird. Andernfalls hätte die ÖVAG Zeit, bis 2016 das RZB-Paket zu verkaufen - und dann auch an irgendwen. Würde Raiffeisen das RZB-Paket jetzt aufgreifen, wäre damit auch einer Abmachung zur ÖVAG-Rettung vom Februar Genüge getan, mit Hilfe von Raiffeisen weitere 100 Mio. Euro Eigenkapital in der ÖVAG freizuschaufeln und 500 Mio. Euro „Liquiditätseffekt“ zu schaffen. So weit scheinen die Verhandler aber nicht zu sein. Als Alternative böte sich laut ÖVAG deshalb an, dass Raiffeisen die ÖVAG um eine Milliarde an Krediten (RWA) entlastet, was die Kapitalunterlegung bei der Volksbanken AG entsprechend verringern würde.
Fusionen unter regionalen Volksbanken
Unter den 62 regionalen Volksbanken wird es in den nächsten Jahren zu Fusionen kommen. „Diese Diskusion wird man führen“, sagte der neue ÖVAG-Chef Stephan Koren vor Journalisten. „Jede Krise bedeutet auch Konsolidierung“. Es gebe Gespräche zwischen Volksbanken. Derzeit haben die Volksbanken rund 550 Filialen.
Es werde in fünf Jahren wohl weniger Institute und weniger Filialen geben. „Was wir nicht wollen, ist, dass der Sektor der Volksbanken schrumpft“, sagte Koren. Die ÖVAG kann Volksbanken der Primärstufe künftig Fusionen aus wirtschaftlichen Gründen anempfehlen. Direkt Weisung dazu kann sie weiter nicht geben - wenngleich der neue Haftungszusammenschluss sonst jede Menge Weisungsbefugnis festschreibt.
Mit dem neuen Haftungsvertrag zwischen ÖVAG und Volksbanken wird die Gruppe zwar gesellschaftsrechtlich kein Konzern, aber ein „virtueller“, wie Koren sagte. Die ÖVAG hat weitreichende Durchgriffsrechte auf die einzelnen Volksbanken. Sie sei als Steuerungseinheit auch zuständig für die Realisierung von Synergien.
„Es steckt ja viel Geld vom Steuerzahler in der Bank“, so Koren. Deshalb sei es wichtig, diesen mühsamen Prozess erfolgreich zu absolvieren. Das sei kein Selbstläufer.
In fünf Jahren jedenfalls, bis 2017, muss der Staat zumindest als Partizipationskapitalgeber in der ÖVAG ausgelöst sein. Koren sagte, es sei das Ziel, „diese Partizipationsscheine aus der ÖVAG heraus abschichten zu können“. Er sprach von einem Rückkauf. Als Aktionär will der Bund ebenfalls Ende 2017 heraußen sein, hat die Regierung wiederholt erklärt.
An wen der Bundesanteil dann verkauft werden könnte, darüber denkt Koren zumindest nicht laut nach. Zuerst seien die Hausaufgaben dran. „Derzeit“ und in heutiger Struktur seien diese Anteile nicht verkäuflich. In fünf Jahren aber soll die ÖVAG mit 10 bis 15 Mrd. Euro nur mehr die Hälfte des jetzigen Bilanzvolumens haben. Mitte 2008 waren es mehr als 90 Milliarden, allerdings noch mitsamt der wenige Monate später notverstaatlichten Kommunalkredit. (APA)