AK und ÖGB: Pensionen dauerhaft gesichert, bei mehr Beschäftigung
Die zuletzt wieder aufgeflammte Diskussion über die Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems ärgert ÖGB und Arbeiterkammer.
Wien - Die Präsidenten der beiden Arbeitnehmer-Organisationen traten am Freitag in einer Pressekonferenz vor die Öffentlichkeit, um klarzustellen, dass die Renten auch dauerhaft finanzierbar seien. Voraussetzung dafür sei freilich mehr Beschäftigung, erklärten AK-Chef Herbert Tumpel und ÖGB-Präsident Erich Foglar, die die Arbeitgeber gefordert sehen, Älteren am Arbeitsmarkt eine Chance zu geben.
Tumpel verwies darauf, dass derzeit auf 100 Erwerbstätige 63 Leistungsbezieher kämen. Dieser Wert würde sich bis 2050 auf 90 Prozent erhöhen, wenn beispielsweise nur 67,5 Prozent der Österreicher zwischen 20 und 64 erwerbstätig seien. Ganz anders sehe es aus, wenn 80 Prozent dieser Gruppe beschäftigt wären. Dann kämen lediglich 72 Leistungsbezieher auf 100 Erwerbstätige.
Dies sei durchaus eine realistische Annahme, meinte der AK-Präsident, denn in skandinavischen Staaten gebe es jetzt schon entsprechende Beschäftigungsquoten. Für Tumpel stellt dieses Zahlenspiel jedenfalls klar, dass der Schlüssel zur Sicherung des Systems nicht Pensionskürzungen seien sondern mehr Beschäftigung.
Dafür sorgen sollte nach Ansicht Foglars einerseits der Gesetzgeber, andererseits die Arbeitgeber. Vorangetrieben werden müsse etwa die Gesundheitsförderung in den Betrieben, um die hohe Zahl der Invaliditätspensionen zu senken. Zudem plädiert der ÖGB-Präsident für die Etablierung eines Bonus/Malus-Systems. Dieses könnte etwa so gestaltet sein, dass Unternehmen, die mehr ältere Arbeitnehmer beschäftigen als der Durchschnitt der Branche bei den Arbeitgeber-Abgaben belohnt werden. Im umgekehrten Fall wäre ein Malus zu leisten.
Behauptungen, wonach der Pensionsaufwand in Österreich unkontrolliert steige, wies Tumpel zurück. Seit 1985 bewege man sich etwa im Bereich von 10,5 bis 10,8 Prozent. Im ASVG seien überhaupt 90 Prozent der Pensionen beitragsgedeckt, ergänzte Foglar. Und wenn sich jemand über staatliche Zuschüsse alteriere, müsse man eben auch beachten, dass das System bewusst so konstruiert worden sei, dass hier Dienstgeber- und Arbeitnehmer-Beiträge sowie staatliche Beiträge zusammenfließen.
Zur Verteidigung des Pensionssystems traten auch die beiden großen Senioren-Organisationen an. SP-Pensionistenchef Karl Blecha erklärte in einer Aussendung: „Ich frage alle, die ständig von einer Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters reden: Wo sind die dafür notwendigen Jobs?“. Was bringe ein gesetzliches Pensionsalter von 67 oder noch höher, wenn es heute nicht einmal möglich sei, bis 60 zu arbeiten, weil man von den Betrieben in die Pension abgeschoben werde. VP-Seniorenbundobmann Andreas Khol verwies darauf, dass der Pensionszuschuss vor der Finanzkrise sinkend gewesen sei, in der Krise kurz angestiegen sei, nun aber wieder sinke.
Die Wirtschaftskammer plädiert in der Pensionsdebatte dafür, ihr Anreizsystem einmal ein Jahr zu testen. Versicherte, die trotz Rechtsanspruch auf eine Pension weiterarbeiten, könnten demnach 25 Prozent zu ihrer fiktiv errechneten Pension zusätzlich zum regulären Einkommen erhalten. Weitere 25 Prozent bekäme der Betrieb und 50 Prozent blieben im Pensionssystem.
Eine solche Maßnahme wäre auch ein wichtiger Beitrag gegen den Fachkräftemangel, meinte Kammer-Präsident Christoph Leitl in einer Aussendung: „Derzeit schicken wir Fachkräfte in die Rente, die wir noch dringend brauchen würden.“ Die Erwerbsquote der 60-64-Jährigen liege in Österreich derzeit bei 22 Prozent. Im Vergleich dazu komme Schweden auf 61 Prozent, Deutschland auf 41 Prozent. In diese Richtung müsse auch die Reise in Österreich gehen, meint Leitl. (APA)