Weltpolitik

Libyen will alle „illegitimen“ Milizen auflösen

„Alle Brigaden und bewaffneten Gruppen, die sich außerhalb der staatlichen Autorität“ befänden, würden aufgelöst, erklärte Parlamentspräsident Mohammed al-Megarjef am Samstag in Benghazi.

Benghazi - Nach der jüngsten Gewalt in Libyen haben die Behörden die Auflösung aller „illegitimen“ Milizen beschlossen. „Alle Brigaden und bewaffneten Gruppen, die sich außerhalb der staatlichen Autorität“ befänden, würden aufgelöst, erklärte Parlamentspräsident Mohammed al-Megaryef (al-Megarjef) am Samstag. Zuvor hatten hunderte wütende Libyer mehrere bewaffnete Milizen von ihren Stützpunkten in Benghazi (Bengasi) verjagt, dabei wurden mindestens elf Menschen getötet.

Bei dem Aufstand der Bürger in der Nacht auf Samstag waren nach neuen Angaben zudem mehr als 70 Menschen verletzt worden. Die Ausschreitungen sollten durch einen Richter untersucht werden, kündigte der Parlamentspräsident an. Demonstranten hatten auch die Gruppe Ansar al-Sharia vertrieben, die für den Tod des US-Botschafters Chris Stevens und drei weiterer Diplomaten verantwortlich gemacht wird. Deren Führung bestreitet eine Verwicklung in die Vorfälle.

Aus Protest gegen den in den USA produzierten islamfeindlichen Mohammed-Film hatten Angreifer am 11. September das US-Konsulat in Benghazi gestürmt. Bei den jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen wurden mehrere Sicherheitskräfte offenbar hingerichtet. Die Art der Verletzungen deute darauf hin, dass „sechs Personen hingerichtet wurden“, erklärte ein Arzt der städtischen Leichenhalle am Samstag. Nach den Angriffen der Bürger auf die Milizen-Stützpunkte übernahmen im Laufe des Tages die regulären Sicherheitskräfte die Kontrolle über mehrere Gebäude, darunter das Hauptquartier von Ansar al-Sharia.

Al-Megaryef verlas am späten Abend in Benghazi eine Erklärung zu den gefassten Beschlüssen. Demnach werde ein „Operationszentrum“ in der ostlibyschen Stadt eingerichtet, das die Armee, die Sicherheitskräfte des Innenministeriums und die aus früheren Rebellen bestehenden Brigaden, die zum Verteidigungsministerium gehören, zusammenfassen solle. Ferner sei Generalstabschef Yussef al-Mangush beauftragt worden, die Befehlsgewalt über die Brigaden zu übernehmen.

Die Entscheidungen seien nach mehreren Treffen gefallen, an denen der künftige Regierungschef Mustafa Abu Shagur, Geheimdienstchef Salem al-Hassi und Generalstabschef al-Mangush sowie Mitglieder des Stadtrats von Benghazi sowie des Nationalparlaments teilgenommen hätten, sagte al-Megaryef.

Wie die amtliche Nachrichtenagentur Lana meldete, setzte die Armee den Milizen zudem eine Frist von 48 Stunden, binnen derer sie alle Kasernen, öffentlichen Gebäude und Grundstücke von Mitgliedern der alten Führung in der Hauptstadt Tripolis und ihrer Umgebung räumen müssten. Andernfalls werde die Armee Gewalt anwenden.

Tagsüber hatten am Freitag bereits rund 30.000 Menschen in Benghazi friedlich protestiert. Ihr Zorn richtete sich vor allem dagegen, dass seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi in den vergangenen Monaten vielerorts Milizen das Sagen haben und es die Behörden versäumten, die Gruppen zu entwaffnen.

In der Stadt Derna östlich von Benghazi erklärten zwei islamistische Milizen am Samstag ihre Auflösung und beschlossen, die von ihnen besetzten öffentlichen Gebäude zu räumen. Laut Lana handelte es sich um den örtlichen Ableger von Ansar al-Sharia und die Brigade der Märtyrer von Abu Slim. (APA/AFP/dpa)