Weltpolitik

Zehn Jahre Haft für Kroatiens Ex-Premier Sanader

Der frühere kroatische Regierungschef (2003-2009) Ivo Sanader ist wegen groß angelegter Korruption zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Zagreb – Der kroatische Ex-Premier Ivo Sander ist nach einem Jahr auf freiem Fuß wieder im Gefängnis. Er wurde am Dienstag als erster Spitzenpolitiker auf dem Balkan zu einer hohen Freiheitsstrafe wegen groß angelegter Korruption verurteilt. Der vorsitzende Richter Ivan Turudic verhängte eine zehnjährige Haftstrafe. Sanader hat noch die Möglichkeit vor dem Obersten Gerichtshof zu berufen. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich zufrieden mit dem Urteil.

Zehn Jahre Haft und Zahlung von rund 480.000 Euro

Der 59-jährige Angeklagte wurde wegen Kriegsgewinnlertums zu drei Jahren und sechs Monaten Haft und wegen Amtsmissbrauchs und der Annahme von Bestechungsgeldern zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Insgesamt muss er für zehn Jahre ins Gefängnis. Außerdem wurde er zu einer Zahlung von 3,6 Millionen Kunas (rund 480.000 Euro) verurteilt, die er innerhalb von nur 15 Tagen an die Staatskasse zahlen muss.

Sanader, der auch Vorsitzender der konservativen Regierungspartei HDZ war, hat nach Überzeugung des Gerichts eine knappe halbe Million Euro von der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria als illegale Provision erhalten. Im Gegenzug habe Sander der Bank eine bevorzugte Stellung auf dem kroatischen Markt versprochen.

Die viel höhere Strafe sprach das Gericht im Fall „INA-MOL“, denn hier hat Sanader laut Erläuterung des Richters die Interessen des Landes für ein Schmiergeld verraten. Die kroatische Regierung hatte den Aktionsvertrag zugunsten des ungarischen Energiekonzerns MOL geändert, wonach Mol die alleinige Führung des kroatischen Unternehmens INA bekommt, ohne die Aktienmehrheit zu haben. Dieser Vertrag beinhaltete auch, dass das verlustreiche Gasgeschäft ausgelagert wird und der Staat die Verluste übernimmt.

Sanader hatte ausgesagt, dass es wohl eine Provision gegeben habe, aber dass nicht er sie erhalten habe. Laut Auszahlungsbelegen der Bank ging sie an den mittlerweile verstorbenen kroatischen Auswanderer Eugen Laxa. In den Zeugenaussagen aber unterschieden sich die Beschreibungen des Mannes. Richter Turudic wies die Zeugenaussage von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, der ebenfalls von Laxa gesprochen hatte, zurück.

Urteil soll auch eine Botschaft sein

In seiner Urteilserklärung war Richter Turudic sehr direkt, Sanader war seinen Erläuterungen mit ernster Mine gefolgt. „Sie, Herr Sanader, waren Architekt eines Systems, in dem nur die Entscheidungen getroffen wurden, die sie wollten.“ Besonders schwer wiege, dass Sanader ein „Kriegsprofiteur“ sei. Während Kroatien „der brutalen serbischen Aggression ausgesetzt“ war, habe Sanader als damaliger stellvertretender Außenminister 1995 persönlichen Profit eingestrichen. Das Urteil solle auch eine Botschaft sein, dass sich das Begehen einer Straftat nicht auszahle, so Turudic.

Sanader, der sich seiner drohenden Verhaftung 2010 durch die Flucht nach Österreich entzogen hatte, dort in Auslieferungshaft saß und 2011 ausgeliefert wurde, hatte sich als unschuldig bezeichnet und von einer politischen Intrige gesprochen. Ihn erwarten noch drei weitere Korruptionsverfahren. Die Antikorruptionsbehörde USKOK gibt den Gesamtschaden mit umgerechnet 200 Millionen Euro an. Positiv auf das Urteil reagierten Politiker fast aller parteipolitischen Coleurs. Nur bei der Ex-Regierungspartei HDZ war man noch zurückhaltend mit Kommentaren. Die Partei ist mit ihrem ehemaligen Vorsitzenden Ivo Sanader in einer anderen Korruptionsaffäre angeklagt.

EU nach Sanader-Urteil: „Kampf gegen Korruption fortsetzen“

Die EU-Kommission in Brüssel hat am Dienstag das Urteil gegen den kroatischen Ex-Premier Ivo Sanader „zur Kenntnis genommen“. „Der Kampf gegen Korruption ist ein Grundstein für Rechtsstaatlichkeit, gleich in welchem Land. Kroatien hat in diesem Bereich einen großen Fortschritt gemacht, mit einem soliden Rechtsrahmen und Institutionen“, so ein Sprecher der Kommission. Die EU forderte Kroatien auf, den Kampf gegen die Korruption auf allen Ebenen, insbesondere der höchsten, fortzusetzen. (APA/AFP/dpa)

Verwandte Themen