EU-Finanzgipfel

EU-Agrarbudget: Nervosität unter Bauernvertretern steigt

Das EU-Budget sieht eine 30-prozentige Agrar-Kürzung für Österreich vor. Landwirtschaftsminister Berlakovich will die geplanten Kürzungen aber nicht akzeptieren. Am heutigen Donnerstag beginnen in Brüssel die Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen. Diese drohen jedoch zu scheitern.

Wien - Immer mehr Aufregung herrscht unter den heimischen Bauernvertretern ob der wohl konkreter werdenden Kürzungen im EU-Agrarbudget. Am heutigen Donnerstag starten die (Vor-)Verhandlungen zum EU-Budget 2014 bis 2020. „Unser klares Ziel: 3,8 Mrd. Euro für den ländlichen Raum in Österreich“, so Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (V) in einer Aussendung. Parteifreund Bauernbund-Präsident Jakob Auer ging noch weiter - „das Agrarbudget darf nicht gekürzt werden“. Auer sah die Vetodrohung seines Parteichefs, Vizekanzler Michael Spindelegger, als „selbstverständlich gerechtfertigt“ an.

Der momentane Vorschlag von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy brächte Österreich 2,89 Milliarden Euro aus der Ländlichen Entwicklung des EU-Budgets, was verglichen zur laufenden Periode einem Minus von 30 Prozent entspräche. „Wir kritisieren massiv die Pläne des EU-Ratspräsidenten“, hieß es aus der Landwirtschaftskammer von Präsident Gerhard Wlodkowski. Durch die Kürzung würden „23.000 außeragrarische und 75.000 landwirtschaftliche Arbeitsplätze akut gefährdet“. Berlakovich meinte zum Vorschlag, der fast einer Drittel-Kürzung entspricht, noch: „Das werden wir nicht akzeptieren.“

Rabattschlacht ums EU-Budget

Außenamts-Staatssekretär Reinhold Lopatka (V) hat am Donnerstag im Vorfeld des EU-Gipfels zum Finanzrahmen 2014 bis 2020 davor gewarnt, schon vor den Verhandlungen „die Flinte ins Korn zu werfen“. Er richte ein „dringendes Ersuchen“ an Bundeskanzler Werner Faymann (S), die österreichischen Interessen „couragiert und beherzt zu vertreten“, so Lopatka zur APA.

Er bezog sich damit auf ein Interview Faymanns im „Kurier“, in dem der Bundeskanzler gesagt hatte, ein Veto sei „als Drohung nicht geeignet, weil ein Veto auch Österreich trifft“. Lopatka sagte, die „rote Linie“ müsse sein, wenn Österreich als einziger Staat keinen Rabatt bekäme. „Das darf es nicht geben. Das ist sachlich ungerechtfertigt.“ Er habe bei seinen Gesprächen im Rat gemerkt, dass andere Staaten „durchaus für uns Verständnis haben, auch Staaten, die dann von ihrem Rabatt etwas verlieren würden, wenn wir einen bekommen, wie zum Beispiel die Deutschen“. Der deutsche Staatssekretär Michael Link habe ihm versichert, „dass von Deutschland Unterstützung kommt für unseren Rabatt“.

Eine Einigung bereits bei dem am Donnerstagabend beginnenden Gipfel hält der Staatssekretär für „unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“. Aber: „Eine Einigung mit Österreich kann es nur geben, wenn nicht Österreich einseitig schlechter gestellt wird. Und uns den Rabatt zu nehmen, wäre eine einseitige Schlechterstellung.“ Nach Ansicht Lopatkas sollte man bei den Verhandlungen dem Weg folgen, den Ex-EU-Kommissar Franz Fischler (V) am Mittwochabend in der „ZIB 2“ des ORF aufgezeigt habe, nämlich „stark aufzutreten“.

„Uns steht der Rabatt zu“

Grundsätzlich befürchtet Faymann, dass Österreich in der kommenden Finanzperiode mehr ins EU-Budget einzahlen wird müssen. Daher hielt er vor einem Treffen der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) am Donnerstagnachmittag in Brüssel auch fest: „Wir sind der Auffassung, dass uns der Rabatt zusteht.“ Österreich sei im Rahmen der Landwirtschaftsförderung insbesondere die zweite Säule für den ländlichen Raum „ganz besonders wichtig“: „Da habe ich gute Argumente, wir sind gut vorbereitet“, so der Kanzler gegenüber Journalisten.

„Ich gehe davon aus, dass auch Österreich mehr zahlen muss, daher werde ich zurecht unseren Rabatt verteidigen. Wir haben unsere Standpunkte, die wir massiv vertreten“, meinte Faymann. Er räumte aber auch ein, dass jeder Zugeständnisse zu machen habe. Einen für sieben Jahre erstellten Finanzrahmen hält er für „besser“ als jährliche, „provisorische“ Budgetpläne. Eine solche Möglichkeit hatte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz am Donnerstag ins Spiel gebracht.

Faymann hält eine Lösung für den mehrjährigen Finanzrahmen an diesem Wochenende zwar für möglich. „Ich halte es aber auch für möglich, dass es im Jänner, Feber weitergeht. Ich könnte nicht garantieren, dass wir zu einer Lösung kommen. Aber es ist jedenfalls richtig, dass man eine Lösung versucht und dass man einmal beginnt“, erklärte der SPÖ-Vorsitzende.

Cameron droht mit harten Verhandlungen

Im Vorfeld des Brüsseler Sondergipfels zur EU-Finanzierung für die Jahre 2014 bis 2020 hat sich am Donnerstag zunächst keine Einigung in den strittigen Fragen abgezeichnet. Teilnehmer rechneten mit schwierigen Verhandlungen bei dem am Donnerstagabend (20.00 Uhr) beginnenden Treffen. Auch ein Scheitern des Gipfels wird in Betracht gezogen.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy wollte vor Gipfelbeginn mit jedem der 28 Staats- und Regierungschefs - auch Kroatiens - zu den sogenannten „Beichtstuhlgesprächen“ zusammentreffen. Den Auftakt bildete in der Früh der britische Premierminister David Cameron, den Abschluss sollte am Abend Bundeskanzler Werner Faymann (S) bilden.

Der britische Premier drohte in Brüssel mit harten Verhandlungen. „Wir werden sehr hart verhandeln, um einen guten Deal für den britischen Steuerzahler zu bekommen und den britischen Rabatt zu verteidigen“, so der konservative Regierungschef laut AFP. Gleichzeitig schien sich ein gewisses Entgegenkommen Großbritanniens abzuzeichnen: Cameron sei bereit, eine Obergrenze von 940 Milliarden Euro für den EU-Etat der Jahre 2014 bis 2020 zu akzeptieren, berichtete die britische Tageszeitung „Financial Times“ am Donnerstag. (APA)

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