Reutte muss mit Monsun leben

Tirols bekanntester „Wetterfrosch“ fürchtet sich nicht vor dem Klimawandel. Im Außerfern versichern die behördlichen Naturgewaltenbekämpfer, alles im Griff zu haben.

Von Hans Nikolussi

Breitenwang – Der Klimawandel – gefühlt oder gemessen – war das Thema einer Informations- und Diskussionsveranstaltung der Raiba Reutte im Veranstaltungszentrum Breitenwang. Mit Karl Gabl – gerade vom Gipfel eines 7000ers im Himalaya zurückgekehrt und gleich ins Außerfern geeilt – hatte man einen profunden Kenner der globalen wie lokalen Situation gefunden, der in einem interessanten und auch launigen Impulsreferat ein Bild über das Wettergeschehen in unseren Breiten zeichnete. Sympathisch dabei die Entschuldigung für „Falschprognosen“ seinerseits.

Im Jahr 1978 wurde Gabl Leiter der Regionalstelle Innsbruck der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik („ZAMG“). Er behielt die Leitung, bis er Ende 2011 in den Ruhestand ging. Einer größeren Öffentlichkeit durch Fernsehen und Rundfunk bekannt, hat sich der Arlberger auch mit Prognosen für das extreme Höhenbergsteigen einen Namen gemacht.

Die Ereignisse seien wohl örtlich begrenzt da und dort extremer ausgefallen, eine deutliche Verschlechterung der allgemeinen Situation in Tirol und speziell im Außerfern ließe sich aber dadurch nicht ableiten, meinte der Experte. Er klärte über Niederschlagswahrscheinlichkeiten in Reutte auf und attestierte dem Außerfern eine Art Regenzeit im Sommer, die sich immer deutlicher ausbilde. Dieser „Monsun“ im Juni, Juli und August, wie Gabl die Stark­regenzeit im Bezirk Reutte bezeichnete, sei vor allem für die Landwirte ein Problem. Weitaus exaktere Wettervorhersagen als noch vor zwanzig Jahren würden es aber leichter machen, Sonnenfenster zu definieren.

Ein leichter Trend zur globalen Erderwärmung, von der Menschheit selbst verursacht, ließe sich aber durchaus feststellen. Die oftmals eben nur gefühlte Klimaänderung finde aber bei uns nicht wirklich statt, war sich Gabl sicher. In langjährigen Aufzeichnungen seien wohl manchmal regionale Ausreißer – wie das Augusthochwasser von 2005 am Lech – zu beobachten, über das Jahrhundert gesehen seien sie aber trotzdem noch immer im Durchschnitt.

Der „Wetterfrosch von Tirol“ erntete für seinen sachlichen Beitrag den Applaus der exakt 265 Zuhörer im Saal. Die empfundene Güte seines Vortrags fand auch in Dankesworten aus dem Publikum seinen Ausdruck.

Die großen Herausforderungen der Menschheit in der Zukunft ortete Gabl allerdings weniger in der Erd­erwärmung und einem allfälligen Klimawandel als im gesellschaftlichen Bereich. Das Bevölkerungswachstum sei das Kriterium. Durchaus pessimistisch, wie er selbst zugab, die Zukunftsaussichten: „Wenn wir den Wandel von einer Konsumgesellschaft mit fragwürdigem Hintergrund zu einer Kulturgesellschaft mit einem großen Miteinander nicht schaffen, schaut es düster aus.“

Am Podium mit Moderator Helmut Mittermayr waren neben Karl Gabl auch Christian Ihrenberger, der Leiter der Wildbach- und Lawinenverbauung im Bezirk, und Wolfgang Klien, Chef des Wasserbaus im Außerfern. Beide mit den Wetterkapriolen durchaus vertraut, sahen sie ebenfalls keine einschneidenden Auswirkungen des Klimas auf den Schutz des Siedlungsraumes im Bezirk Reutte. Man sei in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit finanziell aufwändigen Schutzbauten ein gutes Stück weitergekommen, erklärten beide unisono. Das Gefährdungspotenzial sei deutlich gesunken. Die größeren Schäden der Vergangenheit im Bezirk seien eher auf einen gesteigerten Wohlstand zurückzuführen.

„Klimawandel – Lebenswandel“ hieß das Thema der Veranstaltung. Die Zuhörer verließen auf Grund der nachvollziehbaren Aussagen Gabls spürbar nachdenklich das Veranstaltungszentrum.