Rüstungskonzerne verkaufen erstmals seit 20 Jahren weniger
Der Zwang zu staatlichen Sparprogrammen hat die weltweite Rüstungsindustrie leicht schrumpfen lassen. Die Friedensforscher vom renommierten Sipri-Institut beobachten auch einen anderen Trend: Immer mehr Geld fließt in Waffen für einen „Cyberkrieg“.
Stockholm – Das Geschäft mit Waffen hat sich in den vergangenen Jahren immer als Krisensicher erwiesen. Trotz schwierigsten wirtschaftlichem Umfeld in den Jahren ab 2008 wuchs der globale Rüstungsektor. Doch das hat sich im Jahr 2011 (letzte aktuelle Zahlen) verändert, berichtet das Friedensforschungsinstitut Sipri.
Erstmals seit zwei Jahrzehnten gingen die Verkäufe der Top-100-Rüstungskonzerne zurück. Die globale Rüstungsindustrie bekomme die staatlichen Sparprogramme in zahlreichen Ländern zu spüren, schreiben die Stockholmer Friedensforscher in ihrem Bericht. Der Umsatz bei Waffen und militärischen Dienstleistungen sei 2011 gegenüber dem Vorjahr weltweit um 5 Prozent auf 410 Milliarden Dollar (307 Mrd Euro).
Dies sei nicht nur eine Folge der Kürzungen in Verteidigungsetats, sondern auch des militärischen Rückzugs aus Afghanistan und dem Irak sowie der zeitweiligen Sanktionen gegen Libyen, teilte Sipri am Montag mit. Im Vergleich zu 2002 ermittelten die Friedensforscher aber immer noch eine Steigerung um 51 Prozent (in Preisen und Währungsraten von 2011).
Neuer Wachstumsmarkt „Cyberwaffen“
Doch die Rüstungsindustrie blieb nicht untätig. „Waffenproduzierende- und Militärdienstleistungsunternehmen haben Schritte unternommen, um sich gegen Sparmaßnahmen zu wappnen“, berichten die Experten von Sipri. „Die Unternehmen passen sich den neuen Bedrohungsszenarien an und sichern ihr Hauptgeschäft ab“, erklärt Susan Jackson, Rüstungsindustrie-Expertin des Instituts. „Wir stellen das anhand der Investitionen fest, die getätigt werden und an den Sektoren, die sie ins Visier nehmen.“
Als wichtigsten Wachstumsmarkt für die Rüstungsindustrie nannte das Institut „Cyberwaffen“. Für die Abwehr von Angriffen oder Angriff auf Computersysteme würde trotz aller Sparmaßnahmen zusätzlich Geld bereitgestellt. Die Beschaffung von Zahlen sei hier schwierig, weil es häufig keine Trennung zwischen zivilen und militärischen Aufträgen gebe. Die Aktivitäten der Rüstungskonzerne fokussieren sich auf Daten- und Netzwerksicherheit, Simulierungs-Angebote, Training- und Beratungsservices, aber auch Unterstützung im operativen Geschäft.
Lockheed Martin führt die Liste weiter an
Der größte Rüstungskonzern der Welt bleibt weiterhin Lockheed Martin in den USA mit einem Umsatz für diesen Bereich von 36,3 Milliarden Dollar, gefolgt von Boeing (USA) mit 31,8 Milliarden Dollar.
Auf dem dritten Platz lag der britische Konzern BAE Systems of Britain mit 29,2 Milliarden Dollar im Jahr 2011. Als größtes deutsche Rüstungsunternehmen platzierte Sipri Rheinmetall auf dem 26. Platz mit einem rüstungsbedingten Umsatz von 3 Milliarden Dollar.
Kein österreichisches Unternehmen schafft es unter die Top-100-Unternehmen im Rüstungsgeschäft. Insgesamt belegt Österreich den 25. Platz (2010) im Länderranking der exportierenden Nationen. Beliebtestes Waffenexportgut ist der Pandur-Radpanzer von Steyer Daimler Puch.
Insgesamt wurden 2010 Ausfuhrbescheide im Wert von 1,768 Milliarden Euro genehmigt und gemeldete Waren im Wert von 372 Millionen Euro tatsächlich exportiert.
Daten über chinesische Unternehmen konnte Sipri nicht auswerten. (tt.com, dpa)