Tiroler Kritik an fehlenden Lebensmittel-Kontrollen
Ruf nach schärferen Kontrollen sowie Strafen für Lebensmittelhersteller.
Von Max Strozzi
Innsbruck –Die täglichen Hiobsbotschaften im Pferdefleischskandal reißen nicht ab. Wieder mussten gestern bei den Diskontern Lidl in Österreich und bei Edeka in Deutschland Produkte aus den Regalen genommen werden. Ein Ende ist nicht abzusehen, zumal europaweit die Suche nach Pferdefleisch in Rindsprodukten mittels Gentest auf Hochtouren läuft. Viel zu spät, kritisiert der Tiroler Ernährungsmediziner Maximilian Ledochowski. Er prangert lasche Lebensmittelkontrollen an. „Dieser Skandal zeigt, dass die EU ihre ganze Kontrolle auf der Selbstkontrolle der Konzerne aufbaut, und das ist unzureichend“, so der Innsbrucker Arzt: „Die EU hat den Konzernen freie Hand gelassen. Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung.“
Kritik übt Ledochowski auch an der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages), die dem Gesundheitsministerium unterstellt ist. „Die Ages tut überhaupt nichts. Erst wenn ein Skandal auftritt, beginnt sie zu kontrollieren. Solche Kontrollen gehören aber regelmäßig durchgeführt“, sagt Ledochowski. Der Mediziner führt als Beispiel die vergangenen Fälle von Dioxinfunden in der Milch an. „Wir hatten in den vergangenen 13 Jahren sechs Dioxinskandale in Europa. Dennoch ist die Anzahl der Dioxinkontrollen immer noch verschwindend gering.“
Er fordert unter anderem eine Beweislastumkehr. Sollte jemand – vom Arzt attestiert – durch Nahrungsmittel krank werden, müsse der betroffene Lebensmittelkonzern erst den Gegenbeweis antreten. Zudem brauche es eine zentrale Meldestelle für Nebenwirkungen von Nahrungsmitteln, ein Zulassungsverfahren wie bei Medikamenten und ein Werbeverbot für Nahrungsmittel, weil Werbung dazu verleite, zu viel und falsch zu essen.
Deutschland hat nun vor, die Lebensmittelhersteller härter zu bestrafen, wenn sie bei den Produktzutaten betrügen. Strafen und Bußgelder sollten überprüft werden, kündigte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner an. Zudem sollten Gewinne, die durch falsche Inhaltsangaben erzielt werden, abgeschöpft werden können. Die EU überlegt mittlerweile, DNA-Tests für Fleisch dauerhaft einzuführen.
Im internationalen Skandal sind nun niederländische Behörden auf einen Fleischgroßhändler gestoßen. Er soll illegal Pferdefleisch mit Rindfleisch vermischt haben. Der Betrieb wurde stillgelegt.