Draghi mahnt Euroländer zur Staatshaushalt-Konsolidierung
Ausgabenkürzen seien Steuererhöhungen vorzuziehen, sagte der EZB-Chef. Auch vor einem starken Euro warnte er. Dieser stelle ein Risiko für die Binnenpreise dar.
Brüssel/Berlin - Trotz der Beruhigung an den Finanzmärkten dürfen die Euroländer nach Ansicht von EZB-Präsident Mario Draghi bei ihren Sparanstrengungen nicht nachlassen. Ausgabenkürzungen seien Steuererhöhungen in dieser Situation vorzuziehen, sagte Draghi am Montag vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments.
An einer Haushaltskonsolidierung gehe für hoch verschuldete Staaten kein Weg vorbei, auch wenn das Wachstum auf kurze Sicht darunter leide, sagte der oberste Hüter des Euro. „Es sind noch beträchtliche weitere Anstrengungen nötig, damit Europa weiterhin aus der Krise kommt“, mahnte Draghi. Die wirtschaftliche Erholung und Strukturreformen seien zwei Seiten einer Medaille.
Viele Länder der Eurozone kämpfen mit einer Konjunkturschwäche oder stehen vor einer drohenden Rezession - so wie Frankreich. Die Regierung in Paris stellt sich auf geringeres Wachstum ein und will mit der EU-Kommission über mehr Zeit zur Erreichung seiner Haushaltsziele verhandeln.
Die Europäische Zentralbank (EZB) sei sich bewusst, dass ihre konjunkturstimulierende Geldpolitik auch Risiken berge, sagte Draghi. Dies gelte insbesondere, wenn sie über längere Zeit eine Politik niedriger Zinsen und üppiger Liquiditätsversorgung betreibe. Die Gefahr von Vermögenspreisblasen sei vorhanden und die EZB könne im Rahmen ihrer Politik auch rechtzeitig gegensteuern.
Um finanzielle Ungleichgewichte in der Eurozone anzugehen, sei allerdings eine Zinsveränderung nicht das „Mittel der Wahl“, betonte Draghi. Die Geldpolitik der EZB sei weiterhin konjunkturstimulierend. Die Zentralbank müsse abwarten, bis der Impuls in der Güterwirtschaft ankomme. Dennoch denke die EZB weiter darüber nach, wie sie die Übertragung ihrer Geldpolitik verbessern könne.
Starker Euro stellt Preisrisiko dar
Draghi hat die Auffassung der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigt, dass der starke Euro ein Risiko für die Binnenpreise darstellt. Während die Inflationsrisiken insgesamt ausgewogen seien, stelle der Wechselkurs des Euro in Kombination mit der schwachen Konjunkturlage ein „Abwärtsrisiko“ bezüglich der Preisentwicklung dar.
Ein hoher Eurokurs verteuert tendenziell Ausfuhren aus dem Währungsraum, was eine Belastung der Konjunktur darstellt. Zugleich werden Einfuhren in die Eurozone günstiger. Das übt Druck auf das Preisniveau aus. Dies wiederum kann die Notenbank zum Gegensteuern zwingen, etwa in Form von Zinssenkungen. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an. Bereits jetzt liegt sie mit 2,0 Prozent nur geringfügig höher. Diese Marke dürfte bald unterschritten werden, sagte Draghi.
Der Euro reagierte auf die Äußerungen mit Verlusten, obwohl Draghi lediglich Aussagen von vor knapp eineinhalb Wochen wiederholte. Nach der jüngsten Zinssitzung Anfang Februar war der Euro um etwa zwei Cent gefallen, nachdem Draghi den Eurokurs als Risiko für Konjunktur und Preisentwicklung bezeichnet hatte. Marktteilnehmer interpretierten die Äußerungen Draghis als Verbalintervention gegen den seit Monaten insbesondere zum Yen aufwertenden Euro.
Gefragt nach der Gefahr eines Währungskriegs sagte Draghi, die meisten der jüngsten Kursbewegungen an den Devisenmärkten seien nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr seien sie eine Folge von Maßnahmen, die auf die jeweilige Binnenwirtschaft ausgerichtet seien. Derzeit steht vor allem Japan unter Verdacht, mit einer expansiven Geld- und Haushaltspolitik den Yen schwächen zu wollen, um seinen Exporteuren Vorteile zu verschaffen. Japan argumentiert indes, mit der Geldschwemme gegen Deflation und Rezession ankämpfen zu wollen. Die zwanzig größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) hatten es am Wochenende vermieden, Japan offen zu kritisieren. (APA/Reuters/dpa-AFX)