Innenpolitik

Sondersitzung des Nationalrats: Schlagabtausch um EU-Budget

Die Opposition schäumt, weil Österreich pro Jahr nun 300 Mio. Euro mehr an Brüssel überweisen muss. Vizekanzler Spindelegger sieht zwar „keinen Grund zum Jubeln“, hält das Verhandlungsergebnis des Kanzlers aber für akzeptabel.

Wien - Die Koalition hat bei der von ihr beantragten Sondersitzung des Nationalrats den Kompromiss zum EU-Budgetrahmen verteidigt. Angetan vom „sparsamen Abschluss“ zeigte sich vor allem Bundeskanzler Werner Faymann (S), während Vizekanzler Michael Spindelegger (V) es dabei beließ, den Budgetentwurf „akzeptabel“ zu finden. Ganz anders lautete die Einschätzung von FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache, der von einem „verheerenden Ergebnis“ sprach.

Den Auftakt der Debatte gestaltete der Kanzler, der den Brüsseler Kompromiss zwar nicht euphorisch, aber doch wohlwollend betrachtete. Aus Sicht des SPÖ-Chefs ist der Abschluss „als gutes Ergebnis zu bewerten“, habe sich Österreich doch in wesentlichen Fragen eingebracht und in einigen auch durchgesetzt.

Konkret spielte der Kanzler auf den Topf zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit an, mehr Mittel für die Forschung sowie darauf, dass beim österreichischen Rabatt zumindest ein Teilziel erreicht worden sei. Auch für den ländlichen Raum habe Österreich gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen etwas herausgeholt.

Dass für Österreich eine Obergrenze von 0,31 des BIP für die Netto-Beiträge festgelegt wurde, sieht der Kanzler pragmatisch. Es sei immer klar gewesen, dass jene, die mehr hätten auch mehr leisten müssten. Zudem liege man mit dem Beitrag etwa auf dem Niveau von Frankreich und Großbritannien, während Deutschland 0,38 Prozent leisten müsse.

Spindelegger nach anfänglicher Kritik pragmatisch

Außenminister Spindelegger, der sich in Zeitungsinterviews kritisch zu Faymanns Verhandlungserfolg gezeigt hatte, gab sich am Dienstag betont pragmatisch und nüchtern. Er sei froh, dass es trotz allen Unkenrufen ein Ergebnis gebe. Damit sei unter Beweis gestellt worden, dass Europa funktioniere.

Ungeachtet dessen sei das Ergebnis zwar akzeptabel, aber kein Grund zum Jubeln. Österreich befinde sich im Mittelfeld der Nettozahler, erklärte der Vizekanzler und fügte gleich an, wer aller weniger zu leisten haben. Dass der Rabatt sinkt, bezeichnete Spindelegger als Wermutstropfen, man werde das aber akzeptieren müssen.

Dem EU-Parlament und speziell den Grünen richtete Spindelegger aus, dass es klar sei, dass auch die Union sparen müsse, wenn dies auch die Mitgliedsstaaten müssten. Dass es - wie vom Europarlament gefordert - noch Änderungen am großen Rahmen geben könnte, glaubt der Außenminister nicht. Zurückgewiesen wurde von Spindelegger Kritik an seinen distanzierten Worten zum Budget-Kompromiss. Aus dieser Diskussion könne nicht abgeleitet werden, ob man pro oder contra Europa sei.

Strache: „Verheerendes Ergebnis“

Dass Spindelegger dereinst in Sachen Finanzrahmen die Vetokeule geschwungen hatte, gab FPÖ-Chef Strache Anlass, den ÖVP-Obmann ins Visier zu nehmen: „Herr Spindelegger, was ist denn mit ihrem Veto?“. Und was die Bauern betrifft, würden die nunmehr 72 bis 73 Millionen an Rückflüssen weniger bekommen. Da würden sich die Landwirte in Niederösterreich anschauen, fand der freiheitliche Obmann noch einen Schlenker zur bevorstehenden Landtagswahl.

Als Hauptverantwortlichen für das „verheerende Ergebnis“ erkannte Strache jedoch den Kanzler. Dieser werde als „teuerster Bundeskanzler in die Geschichte eingehen“, habe er doch mit dem Budget Österreich einen „finanzpolitischen Karfreitag und ein vorzeitiges Milliarden-Osterei“ beschert. Pro Jahr würden sich die Netto-Beiträge um 100 Millionen erhöhen, echauffierte sich der FPÖ-Chef.

Schließlich hatte Strache noch ein Mitbringsel für Faymann mit - einen „schottischen Sparsamkeitsrock“, den der Kanzler ungerührt auf der Regierungsbank entgegennahm.

Robert Lugar vom Team Stronach äußerte sich ähnlich kritisch und meinte, dass Österreich beim EU-Budget von allen Nationen am schlechtesten ausgestiegen sei. „Was haben wir denn profitiert von der EU? Wir sind dabei unser Geld und unseren Wohlstand zu verteilen, vor allem mit dem ESM.“

Cap „stolz auf Österreich“

Allzu toll fand das SPÖ-Klubchef Josef Cap nicht, sei Strache doch nicht einmal mutig genug gewesen, den Schottenrock selber anzuziehen. Die großen Worte des FPÖ-Obmanns nimmt Cap nicht so ernst. Ob Strache den glaube, dass alle in Schockstarre erstarren würden, wenn er nach Brüssel käme, fragte der rote Klubchef und spottete: „Sie müssen einmal schauen, dass sie überhaupt durch die Kontrolle kommen beim Eingang.“

Gar nichts hält Cap davon, Verhandlungserfolge schlecht zu machen - und überhaupt findet er, dass man durchaus einmal stolz sei könne, wie man es im Vergleich zu anderen Ländern geschafft habe die Finanzkrise zu bewältigen: „Da können sich die anderen Mitgliedsstaaten ein Scherzerl abschneiden.“

Glawischnig hält Diskussion für „kleingeistig“

Grünen-Chefin Eva Glawischnig hält die Nettozahler-Diskussion, die von FPÖ und BZÖ angezettelt wurde, für „kleingeistig“. Sie spricht die hohe Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der Union an. Dagegen müsse ernsthaft etwas unternommen werden. Man müsse eine europaweite Gesamtstrategie entwickeln. Glawischnig hat „null Verständnis“ dafür, dass im EU-Budget 39 % der Mittel für die Agrarindustrie aufgebracht würden. Die Grünen wollen aus aktuellem Anlass auch einen Antrag auf Herkunftskennzeichnung für europäisches Fleisch einbringen. (tt.com, APA)

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