Berlusconi-Lager in Sorge: Komiker Grillo stark im Aufwind
Beppe Grillo schimpft seit Jahren auf die Politik und die etablierten Parteien in Italien. Damit trifft der Kabarettist einen Nerv bei den politikmüden Italienern. Das Berlusconi-Lager befürchtet nun sogar die Überholung durch Grillos Protestbewegung „Movimento 5 Stelle“.
Rom - In den letzten Wahlkampf-Tagen wächst im italienischen Mitte-rechts-Lager um Silvio Berlusconi die Sorge vor der Konkurrenz des Starkomikers Beppe Grillo und seiner populistischen „Fünf-Sterne Bewegung“. Mitarbeiter des TV-Tycoons befürchten, dass Grillos Protestbewegung sogar erfolgreicher als Berlusconis Mitte-rechts-Partei „Volk der Freiheit“ (PdL) abschneiden und hinter der demokratischen Partei um Pierluigi Bersani zur zweitstärksten politischen Kraft im neuen Parlament in Rom avancieren könnte.
Obwohl seit dem 9. Februar in Italien keine Umfragen mehr veröffentlicht werden dürfen, um die Wählerschaft in den letzten Wahlkampf-Wochen nicht zu beeinflussen, kursieren Gerüchte, nach denen Grillo sogar mehr als 25 Prozent der Stimmen erobern könnte, berichteten italienische Medien. Das sind beinahe so viel wie Berlusconis Partei in ihren besten Tagen. Kein Wunder, dass Berlusconi seine Offensive gegen Grillo verschärft und mit persönlichen Attacken gegen den Starkomiker nicht spart.
„80 Prozent der Leute, die auf den italienischen Plätzen Grillos Wahlveranstaltungen verfolgen, tun es aus Neugierde, oder aus Spaß. Grillo will lediglich die Zerstörung des politischen Systems und hat keinerlei politisches Programm. Seine Vorschläge, wie die Einführung eines Mindesteinkommens von 1.000 Euro für jeden Bürger, sind unrealistisch“, erklärte Berlusconi. Mit seinen populistischen Slogans sei Grillo eine Gefahr für die italienische Demokratie.
„Bande von Hitzköpfen“
„Mit Grillo wird eine Bande von Hitzköpfen ins Parlament einziehen, die es balkanisieren werden. Ihnen das Ruder des Landes anzuvertrauen, ist als würde man einem dreijährigen Kind einen Computer überlassen“, erklärte Berlusconi.
Politische Beobachter rechnen mit einem großen Wahlerfolg Grillos. „Die Fünf-Sterne-Bewegung hat alles, um zu siegen“, sagt der Meinungsforscher Nicola Piepoli. Grillo sei vital und habe für politikverdrossene Italiener den überzeugenden Slogan: „Auf den Scheiterhaufen mit korrupten Berufspolitikern“.
Auftritte auf den „Piazze“, aber nicht im TV
Während der scheidende Premier Mario Monti, Berlusconi und sein Rivale Bersani eine phantasielose und unspektakuläre Wahlkampagne im Fernsehen geführt haben, setzte Grillo einerseits auf neue Medien wie Twitter und Facebook, andererseits auf traditionelle Wahlkampfauftritte auf den „Piazze“ der italienischen Städte, bei denen er sein Talent als Showmaster unter Beweis stellte und den Enthusiasmus der von den Traditionsparteien zutiefst enttäuschten Wähler wiederbelebte. Auf TV-Auftritte verzichtete Grillo dagegen. Das italienische Fernsehen sei von den traditionellen Parteien kontrolliert.
Nach Angaben der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ hat jeder dritte italienische Wähler noch nicht entschieden, ob er sich der Stimme enthalten wird, oder welche Wahlliste er wählen wird. Fünf Millionen Wähler werden sich in letzter Minute für eine Partei entscheiden. Die Stimmenenthaltung könnte sich als besonders hoch erweisen. (APA/TT.com)