Innenpolitik

Homosexuelle sollen künftig Stiefkinder adoptieren dürfen

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Ein richtungsweisendes Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gefällt: Die fehlende Möglichkeit der Stiefkindadoption für homosexuelle Paare sei diskriminierend. Justizministerin Karl plant eine Neuregelung.

Straßburg/Brüssel - In Österreich soll es künftig auch homosexuellen Paaren möglich sein, Stiefkinder zu adoptieren. Der Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in Straßburg hat am Dienstag die fehlende Möglichkeit einer Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren als diskriminierend beurteilt. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S) zeigte sich über die Entscheidung erfreut und will nun mit der ÖVP intensiv diskutieren. Justizministerin Beatrix Karl (V) will noch in dieser Legislaturperiode eine Neuregelung umsetzen.

Ein in Österreich lebendes lesbisches Paar hatte beim EGMR gegen die Weigerung der österreichischen Gerichte, der Adoption des Burschen durch die Partnerin der Mutter zuzustimmen, ohne dass damit die rechtliche Beziehung der leiblichen Mutter zu dem Kind aufgehoben würde, geklagt. Die Straßburger Richter erkannten in Bezug auf unverheiratete heterosexuelle Paare eine Diskriminierung. Keine Verletzung der Menschenrechtskonvention sehen die Richter dagegen im Vergleich zu verheirateten Paaren.

Karl kündigt Regierungsvorlage an

Justizministerin Karl kündigte am Dienstagnachmittag an, noch im Frühjahr eine dem Urteil entsprechende Regierungsvorlage vorzulegen. Entscheidend sei, dass es dabei nur um die Adoption von Stiefkindern geht, ein leibliches Kind von einem Partner sei in diesem Fall schon vorhanden. Die reguläre Adoption soll weiterhin heterosexuellen Ehepartnern vorbehalten sein. Dabei handle es sich um eine „feste Überzeugung“, begründete ein Sprecher des Ressorts die Unterscheidung. Geändert werden müsse lediglich ein Paragraf.

Für Heinisch-Hosek ist das Urteil „richtungsweisend“. Sie erwartet sich dadurch neuen Schwung in der Debatte über die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften und möchte das Urteil möglichst rasch in nationalstaatliches Recht umsetzen. Die Ministerin will die Adoptionsrechte in Regenbogenfamilien nun „intensiv“ mit dem Koalitionspartner diskutieren.

Bei den Grünen, bei der Homosexuellen Initiative und bei weiteren Vertretern der SPÖ ist das Urteil des EGMR ebenfalls auf Zustimmung gestoßen. Die Grünen kündigten außerdem für die nächste Nationalratssitzung einen Antrag an, der das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare beinhaltet.

Rechtsanwalt Helmut Graupner, der das Paar vor Gericht vertreten hatte, zeigte sich gegenüber der APA erwartungsgemäß sehr erfreut über das Urteil. Dies vor allem deshalb, da es sich um eine klare Entscheidung des Gerichts gehandelt habe.

Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag Beschränkungen beim Adoptionsrecht homosexueller Lebenspartner für verfassungswidrig erklärt. Das bisherige Verbot der sogenannten Sukzessivadoption verstoße gegen das Recht auf Gleichbehandlung, entschieden die Richter in Karlsruhe. Dabei geht es um Fälle, in denen einer der beiden Partner ein Kind adoptiert hat und auch der andere Partner Adoptivmutter oder -vater werden möchte. Auch schwulen und lesbischen Lebenspartnern müsse in diesen Fällen eine Adoption möglich sein, hieß es. (tt.com, APA)

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