Tiroler Top-Ankläger:

Wegen Personal-Not „Agreements mit Wirtschaftskiminellen“ nötig

Die Innsbrucker Oberstaatsanwaltschaft leidet unter Personalmangel. Den „mit Abstand höchsten Auslastungsgrad“ ortet Kurt Spitzer, Leiter der Innsbrucker Anklagebehörde, bei seinen Kollegen. Mildere sich die Personal-Not nicht, hätte dies wohl auch auf Verfahren gegen Wirtschaftskriminelle Auswirkungen.

Innsbruck – Der Leiter der Innsbrucker Oberstaatsanwalt, Kurt Spitzer, tritt dafür ein, bei großen Wirtschaftsstrafverfahren künftig vermehrt auf das Mittel der Diversion zu setzen. Sollten die Staatsanwaltschaften weiterhin eine zu geringe Personalbesetzung aufweisen, sollte es „Agreements mit Wirtschaftskriminellen“ geben, um überlange Verfahrensdauern zu verhindern, meinte Spitzer am Dienstag bei einer Pressekonferenz über die Bilanz der Anklagebehörde für das Jahr 2012 in Innsbruck.

Auf die Frage, ob damit nicht eine Zweiklassenjustiz einhergehe, meinte der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft: „Die gibt es jetzt de facto auch schon. Es gibt beispielsweise Strafverteidiger, die es sich leisten können, jeden Sachverständigen zu bestellen“.

Po-Grapschen: „nicht übertreiben“

Zu der Diskussion um eine mögliche Verankerung der sexuellen Belästigung (Stichwort „Po-Grapschen“) im Strafrecht, meinte Spitzer, man solle dies „nicht übertreiben“. Er sieht darin nicht ein Problem in der Gesetzgebung, sondern in der Frage der Beweisführung. Spitzer verwies in dieser Frage auf die „Kronzeugenregelung“, bei der es in der Praxis auch „anders ausschaue“. Zudem gebe es auch eine moralische Verantwortung, sagte der Jurist. Das Strafrecht könne schließlich nicht jede zwischenmenschliche Beziehung regeln.

Im Jahr 2012 sind bei den der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck unterstellten Staatsanwaltschaften Innsbruck und Feldkirch insgesamt 65.994 Anzeigen eingelangt, berichtete der Leiter der Anklagebehörde. Das seien um zwei Prozent weniger als im Jahr 2011. Bei der Innsbrucker Staatsanwaltschaft seien es mit 46.246 um 3,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Feldkircher Anklagebehörde habe jedoch um drei Prozent mehr Anzeigen als im Jahr 2011 verzeichnet, erklärte Spitzer.

Auslastung von 125,5 Prozent

„Alles andere als zufriedenstellend“ sei die Planstellensituation im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck, bemängelte Spitzer. Die Staatsanwälte würden mit einer durchschnittlichen Auslastung von 125,5 Prozent arbeiten.

Dies sei „mit Abstand der höchste Auslastungsgrad in ganz Österreich“. Insgesamt würden laut Spitzer 47 Staatsanwälte auf 45 Planstellen ihren Dienst verrichten. Der Unterschied erkläre sich durch Teilzeitbeschäftigungen. (APA)

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