Weltpolitik

Bulgariens Regierung senkt nach Protesten Strompreise

Die Strompreise sollen ab März um acht Prozent gesenkt werden. Ministerpräsident Borisow entzieht zudem dem tschechischem Energieversorger CEZ die Lizenz.

Sofia - In Bulgarien beugt sich die Regierung wenige Monate vor der Parlamentswahl den Massenprotesten und verspricht eine deutliche Senkung der Strompreise. Ministerpräsident Boiko Borisow kündigte am Dienstag zudem an, dem tschechischen Versorger CEZ die Lizenz in Bulgarien zu entziehen. Damit geht Borisow, der einer Mitte-Rechts-Regierung vorsteht, auf Konfrontationskurs mit dem EU-Partner Tschechien. Dessen Regierungschef Petr Necas forderte von der Regierung in Sofia, die internationalen Gesetze und Pflichten einzuhalten.

Ab März sollen nach Borisows Plänen die Strompreise um acht Prozent gesenkt werden. Sie waren erst im Juli um 13 Prozent erhöht worden, allerdings spürten die Bürger diesen drastischen Schritt erst mit Beginn der Heizperiode im Winter. Eine von den Demonstranten ebenfalls geforderte erneute Verstaatlichung der Energieunternehmen lehnte Borisow dagegen ab. „Ich mache mir Sorgen wegen der geringen Einkommen der Menschen und der Preise - und wegen der Tatsache, dass wir nur wenig Möglichkeiten haben zu reagieren“, sagte Borisow vor Journalisten. Es war das erste Mal, dass er sich nach den landesweiten Protesten vom Wochenende in der Öffentlichkeit äußerte.

Im ärmsten EU-Land, in dem das durchschnittliche Monatseinkommen 350 Euro beträgt, bergen die Energiepreise politischen Sprengstoff. In Sofia warfen Demonstranten in der Nacht zu Dienstag Steine gegen das Parlamentsgebäude. Nach Zusammenstößen mit der Polizei wurden elf Demonstranten festgenommen. In mindestens fünf weiteren Städten kam es zu erneuten Protesten. Allein am Sonntag hatten Zehntausende in 20 Städten demonstriert und den Rücktritt des Kabinetts gefordert. Unter dem Druck von der Straße trat am Montag Finanzminister Simeon Djankov zurück. Und Borisows Partei GERB hat vier Monate vor der Wahl im Juli ihren Vorsprung vor den oppositionellen Sozialisten fast ganz eingebüßt.

Außer CEZ ist in Bulgarien das ebenfalls tschechische Unternehmen Energo-Pro und die niederösterreichische EVN in der Energieversorgung tätig. Die Behörden werfen ihnen systematische Regelverstöße vor und kündigten Klagen an. Warum nur CEZ die Lizenz verliert und auf welche Summe die anderen Unternehmen verklagt werden sollen, ließ Borisow offen.

Der Konzern CEZ, der im Westen Bulgariens rund 1,9 Millionen Kunden versorgt, bestritt jedes Fehlverhalten, das einen Entzug der Lizenz rechtfertige. Das Unternehmen warf Borisow vor, auf Stimmenfang zu gehen. Der Aktienkurs von CEZ, dem größten Energieversorger in Mitteleuropa, fiel an der Börse in Prag auf den niedrigsten Wert seit drei Wochen. Die EVN-Papiere gaben fast vier Prozent nach.

Der tschechische Ministerpräsident Necas sagte in Prag, der Lizenzentzug sei wegen der bevorstehenden Wahl hochgradig politisiert und er wolle die Gründe für diesen Schritt hören. Der tschechische Staat ist mit 70 Prozent Haupteigner von CEZ. (APA/Reuters)

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