Salzburg ging höchstes Risiko ein, aber Politik schaltete Kontrolle aus
In Salzburg haben heute die Zeugenbefragungen im U-Ausschuss zum Finanzskandal begonnen. Und schon zu Beginn kam Interessantes zutage: Das Land wählte bei einer Bank die „allerhöchste Risikostufe“. Die Kontrolle des Finanzmanagements durch die Landesbuchhaltung hätten ÖVP- und SPÖ-Landesräte „ausgeschaltet“.
Salzburg - Schon am ersten Tag der Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss zur Klärung des Salzburger Finanzskandals ist am Mittwoch deutlich geworden, dass die beiden früheren Finanzreferenten LHStv. Wolfgang Eisl (ÖVP) und LHStv. Othmar Raus (SPÖ) ganz ausdrücklich keine Kontrolle des Finanzmanagements des Landes durch die Landesbuchhaltung gewollt haben. Für Aufsehen sorgte zudem ein Anlegerprofil des Landes bei einer Bank: Das Land kreuzte dabei die „allerhöchste Risikostufe“ - bis zum Totalausfall des eingesetzten Kapitals - an.
„Es war eine politische Entscheidung“
Der Direktor des Landesrechnungshofes Manfred Müller - er war bis Mai 2005 Leiter der Landesbuchhaltung - schilderte, er habe bereits 2003/04 Hinweise erhalten, dass das Land Fremdwährungsgeschäfte abgeschlossen habe. Er habe daraufhin im Budgetreferat um nähere Informationen gebeten, die ihm aber verweigert worden seien. Als er deswegen dann den damaligen Finanzreferenten Eisl aufgesucht habe, sei von diesem klipp und klar die Anweisung gekommen, dass eine Risikobewertung ausschließlich Sache des Budgetreferates sei. „Man hat uns nicht mehr erlaubt, lästig zu sein, und das war zu akzeptieren, es war eine politische Entscheidung.“
Als er dann in den Landesrechnungshof gewechselt sei (Juni 2006), habe er die Problematik nicht aus den Augen gelassen. Der Landes-RH sei aber nicht dafür ausgestattet, derart komplexe Finanzgeschäfte effizient zu prüfen, weshalb es mehrere Vorbesprechungen mit dem Bundes-RH gegeben habe, der dann 2007/08 auch das Finanzmanagement einiger Bundesländer unter die Lupe genommen habe.
„Ich gehe heute davon aus, dass der Bundesrechnungshof wahrscheinlich schon bei seiner ersten Prüfung nicht vollständig informiert worden ist.“ Diese erste Prüfung habe dann auch sein Grundgefühl bestätigt, dass ein großes Risiko bestehe, das aber zum damaligen Zeitpunkt recht ertragreich gewesen sein dürfte. Die Empfehlung, das Risiko zu minimieren, sei dann auch die Absicht des neuen Finanzreferenten LHStv. David Brenner (SPÖ) gewesen. Aus heutiger Sicht sei für ihn jedenfalls klar, dass das interne Kontrollsystem versagt habe. „Sonst hätten wir heute nicht das ganze Schlamassel.“
Kontrolle durch Buchhaltung wurde ausgeschaltet
Der Leiter der Landesbuchhaltung und sein pensionierter Vorgänger haben am Mittwoch das schlechte Klima zwischen der Finanzabteilung und der Landesbuchhaltung bestätigt. Beide meinten, dass die Kontrolle des Finanzmanagements durch die Buchhaltung sukzessive ausgeschaltet worden sei, wenn auch nicht unbedingt bewusst. Zu ersten Differenzen sei es bereits mit der Einführung des Finanzmanagements im Jahr 2001 gekommen, bestätigte der inzwischen pensionierte Arthur Dottolo: „Wir haben damals die Unterlagen nicht in dem Ausmaß bekommen, wie wir das gewollt hätten.“
Die Auffassungsunterschiede hätten dann bis 2004 weiter zugenommen. „Es gab jede Menge offener Zahlungen, die wir nicht zuordnen konnten, weil Unterlagen fehlten.“ Das bestätigte am Mittwoch auch Helmut Erbschwendter, der aktuelle Leiter der Landesbuchhaltung. Man habe zwar alle Geldflüsse gekannt, wusste aber nicht wofür. „Da sind etwa 200.000 Euro über das Konto geflossen, wir hatten aber keine Information für was das war.“
Dottolo führte aus, dass der damalige Leiter der Abteilung, Manfred Müller, darum das Gespräch mit dem damaligen Finanzlandesrat Wolfgang Eisl (ÖVP) gesucht habe. „Er hat uns danach mitgeteilt, dass wir nur mehr eingeschränkte Prüftätigkeit ausüben dürfen. Es war damals nicht der Wunsch, das näher zu hinterfragen. Wir haben darum die Prüfung zähneknirschend auf das eingeschränkt, was uns aufgetragen wurde.“
„Das geht euch nichts an“
2005 habe ein engagierter Mitarbeiter noch einmal versucht, auf riskante Geschäfte hinzuweisen. Die Antwort von Monika Rathgeber sei knapp ausgefallen. „Das geht euch nichts an, das ist Sache des Budgetreferats“. Sinngemäß habe es später mehrfach auf den Hinweis auf Risikogeschäfte geheißen: „Das braucht euch nicht zu kümmern, wir haben das schon im Griff.“
Als 2006 die Landesbuchhaltung als eigene Abteilung aufgelöst und als Referat in die Finanzabteilung integriert wurde, habe es keine inhaltlichen Prüfungen zum Finanzmanagement mehr gegeben. Parallel sei die Buchhaltung auch personell ausgedünnt worden. „Als Kaltstellen sehe ich das aber nicht, die Zusammenlegung war Folge der Strukturreform, wo bestimmte Abteilungen eingespart worden sind“, so Dottolo.
Der Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, habe ihm von Anfang an zu verstehen gegeben, dass er die Buchhaltung in dieser Form nicht geschätzt habe. „Dass die Kontrolle bewusst ausgeschaltet werden soll, diesen Eindruck habe ich nicht gehabt“.
„Qualifizierte Abteilung wurde weggebügelt“
Die grüne Ausschussvorsitzende Astrid Rössler sah das gegenüber der APA anders: „Das Bild rundet sich schon nach den ersten Befragungen zu einem furchtbaren Ganzen. Hier wurde bewusst und gewollt die Kontrolle ausgeschaltet. Eine qualifizierte Abteilung wurde weggebügelt und zum Beiwagerl degradiert. Dann tut man so, als hätte man davon nichts gewusst.“ Es sei gewollt gewesen, dass die Buchhaltung nicht weiß, was da für Geschäfte und Zahlungen laufen.
Zudem forderte die Grüne eine Neubesetzung der Funktion des Salzburger Rechnungshof-Direktors: Obwohl Müller bereits zu seiner Zeit als Chef der Landesbuchhaltung massive Bedenken hinsichtlich des Risikos der Finanzgeschäfte hatte, habe er als Rechnungshofdirektor jegliche Eigenaktivität unterlassen, begründete Ausschuss-Vorsitzende Rössler ihre Forderung. Die Versäumnisse des obersten Prüforgans des Landtages seien derart gravierend, dass sie eine Neubesetzung der Funktion des Landesrechnungshofpräsidenten für notwendig hält. (APA, TT.com)