FIS-Regeln gelten auch vor Lift
Ein Unfall vor einem Lifteinstiegsbereich schafft nun Klarheit über die Pistenregeln.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck –Befindet man sich im Bereich eines Lifteinstieges, kommt es in diesem Bereich meist schon in kurzer Zeit zu gleich mehreren gefährlichen Situationen, die aus dem Geschwindigkeitsunterschied allzu schneidiger Abfahrer und bereits Wartender rühren. Ein gekonnter Schwung verhindert meist die Kollision. Nicht so letzten Februar im Kühtai, wo ein 73- und ein 75-Jähriger unfreiwillige Bekanntschaft machten.
Dabei gelang es dem Abfahrer nicht mehr, rechtzeitig vor dem bereits langsam zur Ticketkontrolle der Hochalterbahn Fahrenden abzubremsen und rammte ihn nieder. Dadurch erlitt das Unfallopfer einen schweren Schultergelenksbruch mit etlichen Komplikationen. Als „Einarmiger“ bedurfte der Mann der Pflege und eines Kuraufenthalts.
Über Anwalt und Alpinrechtsexperten Andreas Ermacora (Kanzlei König, Ermacora, Lässer&Partner) klagte der Verletzte sodann 17.567 Euro Schmerzengeld und Aufwand ein. Obwohl ihn der Unfall wie der Blitz vom Himmel traf, lastete ihm das Landesgericht aber ein Mitverschulden im Verhältnis 1:2 an.
Demnach erfordere der Bereich vor einem Lift erhöhte Aufmerksamkeit und somit sei jeder Pistenbenützer auch verpflichtet, durch Blickwendungen eine Gefährdung anderer Pistenbenützer hintanzuhalten. Der allgemeine Vertrauensgrundsatz könne in diesem Pistenbereich ebenso nicht angewendet werden, wie die FIS-Regel 1, wonach der hintere Skifahrer dem vorderen für all seine Bewegungen Platz lassen muss.
Rechtsanwalt Ermacora ergriff dagegen Berufung und erhielt nun am Oberlandesgericht rechtskräftig Recht: „Ein Skifahrer muss doch darauf vertrauen können, dass der hinter ihm befindliche Skifahrer auf ihn Rücksicht nimmt. Tut jener dies nicht, hat er die rechtlichen Folgen zu tragen.“
Das Oberlandesgericht formulierte dies so: „Es ist kein Grund ersichtlich, warum in einer derartigen Situation (beide Fahrer in selber Hauptrichtung) die FIS-Regel Nr. 3, wonach der hinten kommende Fahrer seine Fahrspur so wählen muss, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet, nicht gelten soll. Das Unfallopfer war jedenfalls nicht dazu verpflichtet, sich durch eine Kopfwendung davon zu überzeugen, ob er von einem hinten kommenden Skifahrer – seine Fahrlinie schneidend – überholt wird.“
Das Oberlandesgericht erkannte darauf auf ein Alleinverschulden durch den Abfahrer und sprach den vollen Klagsbetrag zu.