Vor Oscar-Verleihung

„Österreichische“ Oscar-Preisträger: Zunächst vertrieben, dann gefeiert

Beinahe eine Erfolgsstory: Die „österreichischen“ Oscar-Preisträger fanden ihr Glück zumeist fern der Heimat.

Innsbruck –Als Stefan Ruzowitzky 2008 als erster österreichischer Regisseur für „Die Fälscher“ den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film entgegennahm, nutzte er die wenigen Sekunden, die jeder Preisträger für Dankesworte hat, um an die Vielzahl von Emigranten zu erinnern, die Österreich in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts in Richtung Hollywood verlassen haben. „Es gab große öster­reichische Regisseure, die Hollywood geprägt haben: Billy Wilder, Fred Zinnemann und Otto Preminger zum Beispiel. Sie mussten ihre Heimat wegen der Nazis verlassen.“

Mit diesem nachdenklichen Hinweis in der Stund­e des größten Triumphs brachte Ruzowitzky auf den Punkt, was immer dann, wenn rot-weiß-rote Kandidaten ins Rennen um den weltweit berühmtesten Filmpreis gehen, geflissentlich vergessen wird. Ja, das kleine Österreich kann auf eine beeindruckende Erfolgsstory in der Traumfabrik zurückblicken: 121 Nominierungen und insgesamt 34 Auszeichnungen konnte Österreich seit 1929 – als die Oscars erstmals vergeben wurden – erringen. Dass es sich dabei aber vielfach um Flüchtlinge handelt, die ihre Heimat Hals über Kopf verlassen mussten und denen davor Arbeitsverbot oder gar Internierung drohte, wird weit weniger oft erwähnt.

Der Komponist Max Steiner wurde zwar in Wien geboren und unter anderem von Richard Strauss und Gustav Mahler ausgebildet, verließ Österreich aber bereits als 16-Jähriger in Richtung England. Als er 1935 für seinen Soundtrack für „Der Verräter“ seinen ersten von insgesamt drei Oscars bekam, lebte „der Vater der Filmmusik“ bereits seit rund 20 Jahren in den Vereinigten Staaten, arbeitete erfolgreich in Holly­wood und am Broadway – und war amerikanischer Staatsbürger. 1938 brach er alle Verbindungen zu Österreich ab.

Ähnlich verlief auch der Werdegang des zweiten großen Filmkomponisten österreichischer Herkunft: Erich Wolfgang Korngold, der zweimal, 1936 für „Ein rastloses Leben“ und 1939 für „Robin Hood“, ausgezeichnet wurde. Korngolds Einfluss in Hollywood ermöglichte es ihm, nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland Flüchtlingen die Ausreise in die Vereinigten Staaten zu erleichtern.

Billy Wilder, Jahrgang 1906, und der ein Jahr später geborene Fred Zinnemann drückten in einem Josefstädter Gymnasium gemeinsam die Schulbank und machten ihre ersten Schritte im Filmbusiness in Berlin. Zusammen arbeiteten sie am epochemachenden Stummfilm „Menschen am Sonntag“. Zinnemann, der insgesamt viermal mit dem Oscar ausgezeichnet wurde (u. a. als Regisseur von „Verdammt in alle Ewigkeit“ und „Ein Mann zu jeder Jahreszeit“) folgte bereits 1929 dem Ruf aus Hollywood. Wilder, der mit sechs Academy Awards für zeitlose Klassiker wie „Das verlorene Wochenende“ (1946) und „Boulevard der Dämmerung“ (1950) zu den erfolgreichsten Filmemachern überhaupt zählt, flüchtete nach Hitlers Machtergreifung 1933 über Paris in die Traumfabrik.

Sowohl Zinneman als auch Wilder wurden an den Rändern der österreich-ungarischen Monarchie geboren. Zinnemann stammte aus Rzeszów im heutigen Polen, Wilder wuchs in Galizien auf. Als Österreicher werden sie, genauso wie der Produzent Sam Spiegel („Lawrence von Arabien“), geführt, weil sie deutschsprachigen Familien entstammten.

Auf den Oscar, den Michael Curtiz 1943 für „Casablanca“ erhielt, müssen also selbst die wohlwollendsten Statistiker der österreichischen Filmgeschichte verzichten, obwohl der in Budapest geborene Curtiz zwischen 1919 und 1929 in Wien lebte und rund 20 Filme drehte. Auch Maximilian Schell, der bislang einzige Österreicher, der einen Oscar als bester Hauptdarsteller abstaubte, flüchtete 1938, noch keine acht Jahr­e alt, mit seiner Familie vor den Nazis. Allerdings nicht nach Amerika, sondern in die Schweiz. Doch den Weg nach Hollywood fand er auch von hier aus. (jol­e)

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