Hartes Zubrot in der Pension
Bezieher kleiner Renten bräuchten ein Zubrot, manche Senioren wollen schlicht weiter aktiv bleiben. Der Gesetzgeber macht das Arbeiten in der Pension aber extrem unattraktiv.
Von Elke Ruß
Innsbruck –Es klingt so toll: Wer die reguläre Alterspension antritt (Männer mit 65 und Frauen mit 60), der darf rein sozialversicherungsrechtlich voll weiterarbeiten. „Auch beim gleichen Arbeitgeber“, weiß Reinhard Fischer, der Leiter des Referates Sozialpolitik in der AK Tirol. „Aber bei zwei Einkommen muss man nachversteuern, der Grenzsteuersatz beträgt dann zumindest 40 Prozent und kann raufgehen auf 50 Prozent.“
Als Beispiel nennt Fischer eine Frau mit 1000 Euro brutto Alterspension: Sie zahlt zwar keine Steuer bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), weil sie die Geringfügigkeitsgrenze von 1067,44 Euro nicht erreicht. Arbeitet sie aber z. B. um 500 Euro beim selben Arbeitgeber weiter, schnappt die Falle zu: Für die 500 Euro fällt zunächst nur der Sozialversicherungsbeitrag an, aber das Finanzamt addiert die 1000 und 500 Euro. „Damit wird die Frau lohnsteuerpflichtig und muss mit einer Nachzahlung von 3500 bis 4000 Euro rechnen“, erklärt Fischer. „Das ist oft grenzwertig. Deswegen haben wir nur wenige Fälle, die noch dazuverdienen, eher sind es Frauen.“
Bei allen anderen Arten der Pension dürfe man beim Zuverdienst die Geringfügigkeitsgrenze von 386,80 Euro nicht überschreiten, mahnt der Experte. „Bei der vorzeitigen Alterspension, also der Hacklerregelung – für Frauen mit 55 und Männer mit 60 –, fällt die Pension sonst sogar zur Gänze weg!“
„Relativ unbekannt“ sei, dass man mit einer Invalidenrente oder Berufsunfähigkeitspension pensionsrechtlich bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdienen darf. Aufpassen müsse man da nur wegen der Steuergrenze. Kritisch wird es jedoch, wenn ein monatliches Gesamteinkommen von 1108,17 Euro überschritten wird: „Dann fängt sich die Pension zu kürzen an. Es gibt dann ein Teilruhen der Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension.“
Oder es kommt noch schlimmer: „In der Praxis ist diese Rente hart erkämpft von der PVA. Wenn die dann sieht, dass jemand dazuverdient, wird er meist nachuntersucht. Das geht bis zum Entzug der Pension!“, warnt Fischer. Mit einer Halbtagsarbeit etwa beweise der Betreffende ja, „dass es ihm besser geht“. Die Probleme mit der PVA seien so groß, „dass wir raten, nie die Geringfügigkeitsgrenze zu überschreiten“. Die Fälle seien zudem häufig. „Wir haben Akteneinsicht: Die Motivation der PVA für eine Nachuntersuchung sind ausschließlich höhere Zuverdienste.
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Auch wenn nicht die restriktive Politik der PVA Probleme macht, dann ist immer noch auf die Steuerfrage zu achten. Will z. B. ein Tischler in Berufsunfähigkeitspension in einer anderen, leichteren Tätigkeit (Zeitungsausträger, Portier) etwas dazuverdienen, „muss das nicht den Pensionsentzug bedeuten. Aber oft ist das finanziell uninteressant, weil er Steuer zahlt“, erklärt Fischer. „Wenn jemand aber so wenig Pension hat, dass er davon nicht leben kann, ist er fast gezwungen zu arbeiten!“
Das ist gar nicht so selten: Der AK-Experte denkt z. B. an einen 40-Jährigen, der nach einem schweren Autounfall mit 795 Euro Mindestpension dasteht. „Der ist ja gezwungen, in eingeschränktem Umfang so um die 300 Euro dazuzuverdienen! Das duldet die PVA dann auch, ohne die Invalidität in Frage zu stellen.“
Ist die Pension so niedrig, dass jemand eine Ausgleichszulage bekommt, fällt die Ausgleichszulage aber bis zur Höhe des Zuverdienstes weg.
Jemand, der in der regulären Alterspension noch aktiv ist, erwirbt übrigens – zumindest theoretisch – einen höheren Pensionsanspruch: „Es kann ja nicht sein, dass jemand als Pensionist weiter Pensionsbeiträge zahlt und dafür nichts kriegt. Das ist verfassungswidrig“, erläutert Fischer. Deshalb gebe es eine Bonuszahlung – nur meist in homöopathischer Dosis: „Die Pension wird ja nicht neu berechnet, sondern mit einem Minimalfaktor aufgewertet. Da kriegt man vielleicht zehn Euro mehr für ein Jahr Arbeit.“ Aus rein finanziellen Überlegungen sei ein Weiterarbeiten in der Alterspension daher nicht zu empfehlen.
Senioren hätten meist ohnehin nur „Nischenarbeitsplätze“. Hinter den Ruhensbestimmungen stecke aber noch die Haltung: „Der böse Pensionist soll keinem die Arbeit wegnehmen“ – und die Einstellung der Gewerkschaft, dass man in der Pension nicht arbeiten soll. „Die Pensionistenverbände verlangen aber zu Recht eine Neuregelung der Materie“, betont der Experte: „Die Pensionen wurden nicht höher, sondern zunehmend niedriger, und die Leute werden vom Arbeitsmarkt verdrängt. Die Ruhensbestimmungen sind überholt!“