Bühne

Mephisto und die Magie der Medien

Liebe, Tod und Teufel: „Faust I“ als Tanztheater feiert heute Abend seine Uraufführung. Vorab noch ein Blick hinter die Kulissen.

Von Silvana Resch

Innsbruck –Den Kern der Sache will der Pudel einfach nicht begreifen. Sydney steht da und schaut. Hin- und hergerissen zwischen Frauchen Nummer eins, das hinten von den leeren Zuschauerrängen aus auf ihn blickt, und Frauchen Nummer zwei – Tochter von Frauchen eins –, das vorne auf der Bühne wartet. Regie, Requisite, Kamera – alle Blicke sind auf Sydney gerichtet. So viel Aufmerksamkeit quittiert der Pudel mit Euphorie und stürmt Richtung Bühne. „Cut!“, wieder nichts! Denn der Hund sollte langsam den Zuschauermittelgang entlangschreiten. Nur dann kann sich die Magie entfalten: Bei der Premiere heute Abend soll die Videoaufnahme des Pudels zugespielt werden. In Wirklichkeit hat aber längst der Teufel seine Hände mit im Spiel. Mephisto leibhaftig wird durch das Publikum wandeln, welches jedoch auf der Leinwand oberhalb der Bühne zeitgleich den Pudel marschieren sieht. „Unheimlich“, bestätigt der spanische Kameramann und Videokünstler Albert Serradó. Richtig unheimlich soll das Ganze durch die Videoprojektion wirken.

Ein bisschen ist aber eben der Hund drin in der „Faust“-Inszenierung des Choreographen Enrique Gasa Valga: Zwei Ensemble-Tänzer sind verletzungsbedingt ausgefallen. Zehn Tage vor der Premier­e hieß es also nochmal umchoreographieren.

„Ich bin leidenschaftlich“, sagt der Choreograph mit seinem spanischen Akzent und lässt das „sch“ dabei nach „ß“ klingen. „Ich stürze mich in eine Sache und dann denk­e ich: ‚ßeiße‘.“ Zunehmendes Lampenfieber macht sich wohl kurz vor der Premiere breit. „Faust“ wird schließlich nicht allzu oft als Tanztheater inszeniert.

Der Spanier hat sich dennoch an den großen deutschen Stoff gewagt und gemeinsam mit Librettist Katajun Peer-Diamond die Handlung in eine Nervenheilanstalt verlegt. „Es ist nicht klar, ob Faust Patient oder Arzt ist“, so der Choreograph, der unsere Gesellschaft für ein bisschen „verrückt“ hält: „Wir haben alles, aber wir wollen immer mehr.“

Faust (Leoannis Pupo-Guillen) – letztlich ein „ßeißeker­l“ – zerstört das blutjunge, unschuldige Gretchen (Mohana Rapin) mit Mephistos (Roilán Ramos Hechavarria) Hilfe. „Liebe und Tod sind in jeder Kultur zentrale Themen“, so Gasa Valga. Teuflische Magie oder Realität – verschiedene Ebenen werden mittels Medie­n sichtbar gemacht. Videoprojektionen, Livemusik und akrobatische Einlagen der „sehr guten Tänzer“ stehen auf dem Programm. „Egal, ob das Stück gut oder schlecht wird, es ist sicher nicht langweilig“, gibt sich der vom Publikum gefeierte Choreograph bescheiden. Dabei ist die Premiere ohnehin schon längst ausverkauft. Und wer auf Tanz, Liebe, Tod und Teufel setzt, weiß, was mitreißendes Theate­r im Innersten zusammenhält.

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