Landespolitik

Umfaller gab es keinen, nachgezählt wurde genau

Die 16 Abgeordneten der ÖVP stimmten gegen ein neues Agrargesetz. In der hohen Kunst des Parlamentarismus zogen die Parteien alle Register.

Von Anita Heubacher

Innsbruck –Da zählte Landtagspräsident Herwig van Staa (VP) gestern beim Sonderlandtag lieber noch einmal genau nach. Letztlich kam er auf 16 schwarze Abgeordnete, die geschlossen gegen den Dringlichkeitsantrag der Opposition stimmten. Damit wurde das neue Gesetz zur Rückübertragung des Gemeindegutes von den Agrargemeinschaften an die Gemeinden nicht im Landtag diskutiert. Dazu hätte es eine Zweidrittelmehrheit gebraucht. Wie erwartet, war keiner der ÖVP-Abgeordneten umgefallen, auch nicht die schwarzen Bürgermeister.

Die Agrargemeinschaften sind nach fünf Jahren immer noch Thema im Landesparlament und im Wahlkampf. Entsprechend emotional und mit Verbissenheit wurde gestern argumentiert (siehe Kasten) und getrickst.

Die ÖVP heckte ohne das Wissen ihres Regierungspartners SPÖ aus, dass das neue Gesetz vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes geprüft werden sollte. Tenor der ÖVP: Wenn die Opposition und die SPÖ dem Landesverfassungsdienst nichts zutrauen, müsse eben das rote Bundeskanzleramt befragt werden. Ein entsprechender Dringlichkeitsantrag wurde eingebracht.

Diesen wollten die Opposition und die SPÖ als Rutsche benützen, um doch noch den Gesetzesentwurf diskutieren zu lassen. Letztlich musste die ÖVP den Antrag zurückziehen.

Das war für die Grünen, „die Flucht der ÖVP durch die Hintertür“. Den eigenen Antrag zurückziehen, sei an Peinlichkeit nicht zu überbieten, erklärte der grüne Landtagsabgeordnete Georg Willi. Die ÖVP interpretierte das naturgemäß anders: Die Opposition und die SPÖ würden sich vor der Prüfung ihres Pfuschgesetzes durch den Verfassungsdienst in Wien fürchten. „Die ÖVP wollte der vereinigten Chaos-Koalition den Weg weisen, der nicht angenommen wurde“, meinte VP-Klubobmann Josef Geisler.

Die Liste Fritz ortet ein „undemokratisches Verhalten der ÖVP“. Diese habe im Sonderlandtag eine rechtliche und politische Bankrotterklärung hingelegt, meint Landtagsabgeordneter Andreas Brugger von der Liste Fritz. „Die ÖVP arbeitet mit allen Mitteln für die Privilegien einiger weniger Agrarfunktionäre.“ Bruggers „Enteignungsgesetz“ löse bei namhaften Juristen Kopfschütteln aus, sagt dagegen VP-Klubobmann Geisler.

Fazit des Sonderlandtages: Der Gesetzesentwurf wird dem Rechtsausschuss des Landtages zugewiesen. Dort hat die ÖVP die Mehrheit. Der Entwurf wird in der Schublade verschwinden.

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