Natur

Witz als Verhetzung bewertet

Sozialarbeit und Geldstrafe setzte es gestern für derbes Stammtischgerede auf Facebook.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck –Schmutzige Maurerhose, Bauarbeiterschuhwerk und breiter Dialekt. So präsentierte sich gestern am Landesgericht der erste von vier – allesamt 19-jährigen – Angeklagten bei einem Verhetzungsprozess. Die jungen Leute hatten sich über das soziale Internet-Netzwerk Face­book an einer Diskussion über Migranten beteiligt. Dort wurden von allen vieren Äußerungen getätigt, die so auch durchaus zu später Stunde auf Stammtischen zu hören sind. Geschmacklose Witze reihten sich da an geistlose Bemerkungen. Dass der Erstangeklagte sein verbales Gegröle auch noch mit den Worten „bin ein stolzer Tiroler, Sieg Heil!“ beschloss, brachte ihn an den Rand einer Anklage nach dem NS-Verbotsgesetz. Die Zweitangeklagte vermengte darauf ihren Ärger mit Gaskammern – vermittelte bei Gericht durch ihre Unbedarftheit jedoch nicht den Eindruck, etwas Tiefsinnigeres damit gemeint zu haben. Vor Strafrichter Bruno Angerer versicherten alle zudem, dass sie die Scherze selbst nur von Internet-Witzseiten heruntergeladen oder am Arbeitsplatz aufgeschnappt hätten.

Bei einem Strafrahmen von zwei Jahren Haft sah Richter Bruno Angerer zwar den Tatbestand der Verhetzung (verletztend beschimpfen, verächtlich machen) von Volksgruppen erfüllt, aber doch keine Notwendigkeit für eine strafrechtliche Verurteilung: „Diese Geschichte muss nicht mit einem Schuldspruch enden. Ich biete Diversionen mit 80 und 60 Stunden Sozialdienst an.“ Dies nahmen drei der Angeklagten sofort an und blieben somit ohne Vorstrafe. Nur der Viertangeklagte wollte eine Buße für einen Witz über Samenbanken nicht akzeptieren. Gegen eine Verurteilung von zu Hälfte bedingten 480 Euro will Verteidigerin Priska Grasser jedenfalls Berufung einlegen. Richter Angerer begründete das Urteil damit, dass er „zwar wisse, dass solche Witze auch auf Stammtischen gemacht werden, über Facebook damit aber eine Volksgruppe bei einer großen Anzahl von Lesern verächtlich gemacht wurde“.

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