Plagiatsverdacht erschüttert Uni: Doktorarbeit wirft viele Fragen auf
Statt an der Uni in Berlin reichte ein Hochschulprofessor seine Doktorarbeit in Innsbruck ein. Jetzt hagelt es Plagiatsvorwürfe. Auch die Diplomarbeit einer Beamtin wird geprüft.
Von Peter Nindler
Innsbruck – An der Uni Innsbruck sorgen erneut Verdachtsfälle von teilweise abgeschriebenen Dissertationen und Diplomarbeiten für Debatten. Nach wie vor ist das Verfahren über die Doktorarbeit von Dominic Stoiber, dem Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, nicht abgeschlossen. Gestern wurde bekannt, dass jetzt die Arbeit eines deutschen Hochschulprofessors und eine Diplomarbeit einer Tiroler Beamtin auf dem Prüfstand stehen.
Nun geht es erneut um die gute wissenschaftliche Praxis: Dem heute in Deutschland lehrenden Wirtschaftsrechtsprofessor wird vorgeworfen, in seiner an der Uni Innsbruck 2002 akzeptierten, 260 Seiten umfassenden Dissertation Textpassagen von anderen Autoren ohne Zitierung übernommen zu haben. Nach erster Prüfung durch die Plagiatsexperten von „VroniPlag“ und Stefan Weber sollen rund 20 Prozent der bisher 51 ausgewerteten Seiten Plagiate aufweisen, 17 davon einen Anteil von mehr als 75 Prozent.
Prüfverfahren eingeleitet
Der Professor weist die Vorwürfe der deutschen Plagiatsexperten „VroniPlag“ zurück, dass seine Arbeit großteils aus nicht ausgewiesenen Zitaten bestehe. „Ich bin überzeugt, dass eine Überprüfung der Universität die Unrichtigkeit der gegen mich erhobenen Anschuldigungen erweisen wird“, sagte er zur TT.
Die Universität wurde darüber in Kenntnis gesetzt, ihr Sprecher Uwe Steger betonte, dass wie in solchen Fällen üblich Prüfverfahren eingeleitet werden.
Interessant ist jedoch die Geschichte der Dissertation. Laut „VroniPlag“ wurde sie bereits im Jahr 2000 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin eingereicht.
Der Doktorand soll dabei auf die Mängel bei der Kennzeichnung und Zitierung hingewiesen worden sein. Was danach geschah, darüber gehen die Meinungen auseinander: „VroniPlag“ verweist darauf, dass der Betreuer der Arbeit nicht mehr bereit gewesen sei, die Promotion zu betreuen. Die Doktorarbeit wurde zurückgezogen, aber dann im Wintersemester 2001/2002 in Innsbruck vorgelegt und dort auch akzeptiert.
Der Professor räumte ein, dass er die Dissertation nach Differenzen an der Universität in Berlin zurückgezogen und eine überarbeitete Fassung im Jahr 2002 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Innsbruck eingereicht habe.
Der Hochschulprofessor führt gegenüber der TT seinen Wechsel nach Innsbruck auf „letztendlich nicht mehr überbrückbare Meinungsverschiedenheiten mit meinen Betreuern“ zurück. Er habe die Arbeit überarbeitet und inhaltlich erweitert.
„Meine Dissertation war und ist eine zumindest nach dem damaligen Stand der Wissenschaft erarbeitete Arbeit, die wie üblich auch auf Vorpublikationen Bezug nahm und, wo wissenschaftlich geboten, diese Bezüge auch richtig ausgewiesen hat“, betont er.
Beamtin soll abgeschrieben haben
Die Beamtin soll wiederum ihre Diplomarbeit über weite Strecken von einer zwei Jahre zuvor eingereichten Arbeit übernommen haben, ohne korrekt zu zitieren. Mit den Plagiatsvorwürfen beschäftigt sich jetzt die Universität.
Keine Konsequenzen?
Zuletzt wurde die Uni mit mehreren Fällen konfrontiert, der österreichische Plagiatsexperte Stefan Weber kritisiert in diesem Zusammenhang den „verschleppenden Umgang“ damit. Zudem habe es in mehreren Fällen keine Konsequenzen gegeben.
Uni-Rektor Tilmann Märk sieht indes keine Häufung von Plagiatsverdachtsfällen in Innsbruck. „Natürlich ist keine negative Schlagzeile schön für unser Image, aber hier handelt es sich doch angesichts der Größenordnungen um einen Randaspekt.“ Den Vorwurf, dass es keine Konsequenzen gegeben habe lässt Märk nicht gelten. Außerdem hätten in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren mehr als 40.000 Menschen ein Studium in Innsbruck mit einem akademischen Grad abgeschlossen. „Auch wenn es in letzter Zeit auch bei uns vereinzelt Plagiatsvorwürfe gab und gibt, bewegt sich diese Zahl im einstelligen Bereich und die wirklichen Plagiate sind ein Bruchteil davon.“
Es bestärkte die Uni aber darin, die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre weiter auszubauen.