Milser Dorfstraßen-Anrainer sagen Verkehr den Kampf an

Die geplante Verkehrsspange Hall-Ost stößt nicht bei allen auf Zustimmung. In Mils wächst die Angst vor weiterer Verkehrsbelastung.

Von Nikolaus Paumgartten

Mils –Rainer Cernin steht am Fenster im ersten Stock seines Hauses an der Milser Dorfstraße. Er wirft einen prüfenden Blick auf das Display jenes Gerätes, das er am Fensterbrett aufgestellt hat und das die Lärmbelastung misst und aufzeichnet. Ein Auto rauscht vorbei, die Zahl, die Auskunft über die Dezibel gibt, klettert kurz nach oben und pendeln sich dann wieder ein. Seit rund einem Jahr dokumentiert Rainer Cer­nin die Lärmbelastung in der Dorfstraße, seit über drei Jahren lässt er von einer technischen Vorrichtung rund um die Uhr die Fahrzeuge zählen. Längst ist er zum Schluss gekommen: Das Maß des Erträglichen ist überschritten.

Vor 25 Jahren, so erinnert sich Cernin, war die Milser Dorfstraße ein „kleines Straßl“. „Gegen den Willen der Anrainer wurden damals auf einer Seite Grundstücke weggenommen, um die Straße zu verbreitern“, sagt Cer­nin. Aus der kleinen Straße ist inzwischen eine Hauptverkehrsroute mit täglich bis zu 5000 Fahrzeugen geworden. Trotz der Schallschutzfenster, die Rainer Cernin eingebaut hat, leidet seine Lebensqualität darunter massiv. Ein entspanntes Sitzen im Garten ist schon lange nicht mehr möglich, ein Fenster aufmachen bestenfalls nur für kurze Zeit. Erst nach Mitternacht lässt die Frequenz der Fahrzeuge in der Dorfstraße spür- und hörbar nach – um ab vier Uhr Früh wieder neuen Schwung aufzunehmen.

Als ob die Situation nicht schlimm genug wäre, lassen die Pläne einer Verkehrsspange Hall-Ost – die TT berichtete – nun bei Rainer Cer­nin und seinen Nachbarn die Alarmglocken läuten. Denn statt einer in Richtung Politik geäußerten Forderung nach einer Verkehrsberuhigung oder Maßnahmen zur Lärm­eindämmung, droht laut Cernin die weitere Zunahme des Verkehrs: „Mit der Spange Hall-Ost mutet man uns in der Milser Dorfstraße laut offiziellen Zahlen täglich 2000 Fahrzeuge mehr zu.“ Gehe man davon aus, dass es sich dabei um geschönte Zahlen handelt und rechne man den weiteren Zuzug bzw. neue Bauprojekte wie etwa ein Seniorenheim ein, dann könne man von täglich 5000 zusätzlichen Fahrzeugen in nur wenigen Jahren ausgehen, ist Cernin überzeugt.

„Dabei sind das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie das Recht auf Genuss der Wohnung, des Hauses oder des Gartens nicht nur europäische Grundrechte, sondern auch Menschenrechte“, sagt Cernin.

Dass sich mit einer Spange Hall-Ost der Nord-Süd-Verkehr zu einem gewissen Teil auf die Dorfstraße verlagern wird, räumt auch der Milser Bürgermeister Peter Hanser ein. Trotzdem werde man sich im Planungsverband für das Projekt aussprechen. „Denn rund 80 Prozent des Milser Verkehrs geht in Richtung Innsbruck und damit über den Unteren Stadtplatz in Hall, der mit 20.000 Fahrzeugen belastet ist“, so Hanser.

Für eine Entlastung des Unteren Stadtplatzes in Hall ist auch Rainer Cernin. Als begleitende Maßnahme für die Milser Dorfstraße müsste man seiner Meinung nach aber endlich die seit Jahrzehnten geforderte Ostzufahrt nach Mils Nord bauen.

Cernin hat in den vergangenen Wochen Unterschriften gesammelt und diese dem für den Verkehr zuständigen LHStv. Anton Steixner zukommen lassen. In dem Schreiben fordern Dorfstraßen-Bewohner von rund einem Dutzend Häusern Lärmschutzmauern oder „funktional adäquate Lösungen“.

Doch damit nicht genug. Eine Sensibilisierung für die Gesundheitsgefährdung durch Lärm müsse landesweit stattfinden, ist Cernin überzeugt. Er will sich diesbezüglich vernetzen und eine Plattform aufbauen.