Porsche-Fahrer fasten mit dem Turbo-Verzicht
Für die Renn- und für die Geländestrecke gleichermaßen eignet sich der 420 PS starke Cayenne GTS.
Von Markus Höscheler
Innsbruck –Bei Johannes Mario Simmel war es der Kaviar, der in einem Roman über einen kochenden Geheimagenten titelgemäß als entbehrlich galt. Bei Sportwagen-Liebhabern ist es der Turbolader, auf den sie unter bestimmten Umständen verzichten können. Diese Umstände bestimmt Porsche. Der schwäbische Autobauer hat ein Faible für schnelle Autos, die selbst ohne künstliche Beatmung zügig vorankommen und spurgetreu Kehren bewältigen. Nun wäre es übertrieben, zu behaupten, den Zuffenhausenern wäre dabei jedes Mittel recht. Nicht jedes, aber fast jedes, wie beim Cayenne GTS exerziert.
Dem implantieren die ehrgeizigen Ingenieure einen Achtzylinder-Benzinmotor unter die Fronthaube. Das Triebwerk verfügt zwar über beachtenswerte 4,8 Liter Hubraum – verglichen mit den Small und Big Blocks der amerikanischen Mitbewerber stellt das Aggregat jedoch ein Bekenntnis zum Downsizing dar. Weder Turbolader noch Kompressor haften der Maschine an, dennoch ist es befähigt, 420 PS zu leisten und 515 Newtonmeter Drehmoment bei 3500 Rotationen der Kurbelwelle zu entwickeln.
Auf artifizielle Beatmungsmodule muss das GTS-Kraftwerk verzichten, aber nicht auf fortschrittliche Teilsysteme wie Benzindirekteinspritzung oder die variable Ventilhubsteuerung VarioCam Plus. Das Ergebnis: eine rasante Beschleunigung samt sattem Durchzug und akzeptabler Verbrauch. Nicht einmal sechs Sekunden benötigt das SUV für den Sprint von null auf 100 km/h, elf Liter Benzin konsumiert er auf 100 km.
Dabei nimmt der 2,2 Tonnen schwere GTS dem Fahrer via Achtgangautomatik die Schaltarbeit ab. Bei dynamischen Berg- und Talfahrten neigt der Lenker gelegentlich zu manueller Gangwahl, dem den Allradantrieb beinhaltenden Porsche Traction Management hingegen kann er nahezu mit geschlossenen Augen vertrauen. In Verbindung mit dem elektronischen Stoßdämpfersystem PASM giert der GTS nach sportlich gefahrenen Richtungswechseln, die ihn nicht nur für Passstraßen auszeichnen, sondern auch für die Rennstrecke.
Dort wird er im Regelfall genauso wenig zu finden sein wie im unwegsamen Gelände, obwohl er dank eines dreistufigen Offroad-Modus eine tadellose Vorstellung abliefern könnte. In Anbetracht des gediegenen Interieurs und des um 24 Millimeter abgesenkten Fahrwerks neigen GTS-Besitzer zu befestigten Straßen. Darauf kommen die roten Bremssättel und die Sportabgasanlage mit zwei Doppelendrohren aus Aluminium leichter zur Geltung – wie auch die 20-Zoll-RS-Spyder-Design-Felgen und die Bi-Xenon-Scheinwerfer samt dem adaptiven Lichtsystem PDLS.
Im Innenraum stoßen wir auf Glattlederbezug und Alcantara-Paket, auf GTS-Sportsitze mit 8-Wege-Verstellung sowie auf ein Sportlenkrad mit Schalt-Paddles. Und nicht zu verachten ist die Variabilität, die der 4,85 Meter lange Hochbau zu bieten hat: Das Kofferraumvolumen reicht von 670 bis 1705 Liter und erhält den Stempel der Familientauglichkeit. Porsche-Händlern sind die Vorzüge des Cayenne GTS bekannt – und so verlangen sie mindestens 113.850 Euro. Der Turbo würde fast 40.000 Euro mehr kosten. Den hält zumindest ein GTS-Fahrer für entbehrlich wie Simmel Eier-Spezialitäten vom Stör.