120 Züge fahren unterirdisch

Rund 80 Tage nach der Eröffnung der Unterinntaltrasse fahren drei von fünf Güterzügen auf der Neubaustrecke. Noch immer fehlt einigen Anbietern das nötige Sicherheitssystem.

Von Marco Witting

Innsbruck –Das Projekt war gigantisch, die Hoffnungen waren groß, die Anfangsschwierigkeiten auch einigermaßen. Anfang Dezember wurde die Unterinntaltrasse offiziell eröffnet. Das Milliardenprojekt versprach für viele Bahnanrainer weniger Lärm und mehr Lebensqualität. Über 80 Tage nach der Eröffnung fällt die Bilanz gemischt aus.

Denn besonders zum Start war nicht alles auf Schiene. Im Fernverkehr mussten täglich bis zu fünf Züge oberirdisch geführt werden. Auch sonst machte das neue Zugsicherungssystem ETCS der Bahn einige Schwierigkeiten. Hinzu kam Kriti­k, die ÖBB würden sich auf der Neubaustrecke selbst Rabatte gewähren und dort ein Körberlgeld verdiene­n.

Wie viele Züge tatsächlich mittlerweile unterirdisch fahren, darüber gibt sich die Bahn zurückhaltend. Man sei mit der Auslastung zufrieden, es gebe aber noch Platz für mehr, erklärte Pressesprecher Rene Zumtobel. Nach TT-Informationen sollen es mittlerweile 120 Garnituren sein, die in Baumkirchen in die Erde abtauchen und bei Kundl wieder auftauchen.

Insgesamt fahren tagtäglich 280 Züge durchs Unterland, wobei die S-Bahn mit über 70 Zügen oberirdisch fahren muss. Der Fernverkehr und die meisten Güterzüge sind für die Neubaustrecke vorgesehen. Zumtobel: „Das, was wir angekündigt haben, hat auch gehalten. Unsere Hochfahrphase geht weiter. Derzeit fahren drei von fünf Güterzügen nachts unterirdisch. Ab Sommer haben wir vier von fünf Zügen als Ziel ausgegeben.“

Davon, dass sich die Bahn auf der Neubau­strecke selbst Rabatte gewährt habe, könne keine Rede sein, sagt Zumtobel. Für die 40-Kilo­meter-Strecke wird für alle Bahnunternehmen ein Rabatt gewährt. Pro Güterzug macht dies knapp 90 Euro aus. „Das ist ein­e Lenkungsmaßnahme, auch im Sinne des Lärmschutzes“, sagt Zumtobel. Noch immer sind etliche ausländische Güterzüge nicht mit dem neuen Sicherungssystem ECTS ausgestattet. Wenn dieses aber fehlt, dann müssen die Züge auf die alte Strecke ausweichen. Die ÖBB selbst fahren zu 90 Prozent mit ihrer RailCagro Austria unterirdisch.

Ausländische Firmen auf einen Umstieg zu zwingen, kommt für die ÖBB nicht in Frag­e. Hier suche man eine „konsensuel­le Lösung“ und setze auf die Rabatte samt Lenkungseffekt. Die Schweiz habe immerhin zwei Jahre gebraucht, um das System einzuführen.

Klar sei aber auch: „Der Altbestand ist keine Museumsbahn und keine reine S-Bahn-Strecke. Es wird auch hier weiter Güterverkehr geben.“ Mit der Pünktlichkeit im Personenverkehr ist die Bahn aber zufrieden. Dies­e liegt auf der Strecke von Wien nach Innsbruck bei 85 Prozent. Zum Vergleich: Insgesamt liegt die Pünktlichkeit bei 95 Prozent – darin enthalten ist auch der Nahverkehr.

Mit Dezember wird der komplette Fahrbahn auf die Unterinntaltrasse abgestimmt. Das bringt laut Zumtobel noch einmal einige Minuten Zeitgewinn bei Fahrten von und nach Wien. Zudem könnten dann freie Kapazitäten auf der alten Bahn­strecke durchs Unterland für einen Ausbau des Nah­verkehrs genutzt werden. „Hier sind wir in Verhandlung mit dem Land Tirol“, sagt Zumtobel.