Heimarbeit: 89 Ex-Zöglinge betroffen
Bis Anfang des Jahres meldeten 89 Ex-Zöglinge wegen Heim-arbeit in Tiroler Erziehungshei-men Ansprüche beim Land an.
Von Peter Nindler
Innsbruck –Seit Jahren sorgen Missbrauchsfälle in Erziehungsheimen für Betroffenheit. Im Vorjahr wurde außerdem bekannt, dass beispielsweise Mädchen im Landeserziehungsheim Schwaz St. Martin in den 1970er-Jahren auch als Leiharbeiterinnen für Firmen wie Swarovski, Eglo oder Darbo arbeiten mussten und andererseits in der Lohnwäscherei des Heimes eingesetzt wurden. Dabei mussten sie auch Arbeiten im Auftrag des Landes und anderer öffentlicher Institutionen wie des Bundesheeres verrichten.
Sozialreferent LHStv. Gerhard Reheis (SP) versprach eine lückenlose Aufklärung, schließlich geht es auch um nachträgliche Ansprüche der ehemaligen Zöglinge, wie zusätzliche Versicherungszeiten für die Pension. Eine Arbeitsgruppe mit Wissenschaftern wurde eingerichtet. Zu St. Martin und zur Heimerziehung in Tirol und Vorarlberg gibt es Forschungsaufträge. Auch Fragen möglicher Zwangsarbeit werden beleuchtet.
Jetzt liegt ein erster Zwischenbericht zur „Arbeit in Heimen“ vor. Auf Anfrage des freiheitlichen Klubchefs LA Gerald Hauser berichtet Reheis, dass sich bis 31. Dezember 2012 bei der Opferschutzkommission des Landes 89 Personen gemeldet haben, die über Tätigkeiten als Jugendliche im Rahmen der Fürsorgeerziehung berichten. „Eine spezielle Arbeitsgruppe des Landes prüft derzeit jeden Einzelfall hinsichtlich der Stichhaltigkeit eingebrachter Beschwerden“, betont Reheis. Es würden Akten ausgehoben sowie Informationen von Betroffenen und Zeitzeugen ergänzend aufbereitet. „Für ehemalige Heimbewohnerinnen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, zur Erlangung eines späteren Pensionsanspruchs Versicherungszeiten für die Pension anzugeben und feststellen zu lassen“, ergänzt der Landesrat.
Daneben würden Kontakte zu anderen Opferschutzeinrichtungen wie Kirche, Bundesheer und Stadt Innsbruck bestehen und Abstimmungen mit involvierten Betrieben vorgenommen werden. Bei einigen Fällen habe sich aber herausgestellt, dass Heiminsassen für ihre Arbeit sehr wohl Geld erhalten haben, erklärt Reheis. „Letztlich geht es uns darum, alle Betroffenen transparent sowie offen zu informieren und zu helfen.“ Er schließt nicht aus, dass sich auch heuer noch vereinzelt Betroffene melden.
Im Zusammenhang mit Gewalt und Missbrauch in Landeseinrichtungen hat das Land Tirol bisher 1,747 Mio. Euro an Entschädigungsleistungen bezahlt. Insgesamt hat die Entschädigungskommission des Landes 185 Einzelfälle bearbeitet. Laut Reheis wurden außer den Entschädigungszahlungen auch die Kosten von einzel- und gruppentherapeutischen Leistungen von Missbrauchsopfern übernommen. 28 ehemalige Heimbewohner nahmen dieses Angebot an, 79.300 Euro hat das Land dafür aufgewendet.