100 Filialen schließen

Kahlschlag im Filialnetz der Bank Austria: Tirol bleibt verschont

Chef der Bank Austria, Willibald Cernko.
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Ein Drittel aller Zweigstellen der Bank Austria ist nicht mehr zu halten. Statt auf direkten Kundenkontakt setzt die UniCredit-Tochter massiv auf Internet-Banking.

Wien – Die Bank Austria strafft ihr österreichisches Filialnetz drastisch, weil immer weniger Kunden in die Filialen kommen und ihre Bankgeschäfte lieber elektronisch erledigen. Bankchef Willibald Cernko wird in den kommenden 2 bis 3 Jahren etwa ein Drittel der jetzigen Niederlassungen auflassen. Das kündigte er Donnerstagabend vor Journalisten an. Derzeit hat die Bank im Inland rund 350 Filialen. Bis 2015 sollen weniger als 250 Filialen betrieben werden, mehr als 100 Niederlassungen werden also geschlossen.

Laut Martin Anker, einem der beiden Geschäftsführer der Bank Austria Tirol, soll Tirol allerdings von der Schließungswelle verschont bleiben. „In Tirol hat die Bank Austria 15 Filialen und beschäftigt 174 Mitarbeiter, damit sind wir in Tirol bereits sehr schlank aufgestellt. Der Druck, Filialen in Tirol zuszusperren, ist daher gering“, sagt Anker: „Ich gehe deshalb davon aus, dass es auch 2015 in Tirol mindestens 15 Filialen geben wird. Es gibt aber Überlegungen, da oder dort Filialen, die eng beieinanderliegen, zusammenzuschließen und umzubauen.“

Neue SB-Filiale in Landeck

Zudem soll eine Tiroler Filiale in eine Selbstbedienungsfiliale umgewandelt und zusätzlich in Landeck eine SB-Filiale eröffnet werden. Geplant ist laut Anker zudem, natürliche Abgänge bei den Mitarbeitern nicht nachzubesetzen. Matthias Raftl, Bank-Austria-Sprecher, erklärte: „Es gibt keine konkreten Filialschließungspläne bei der Bank Austria. 2013 wird es in Tirol jedenfalls keine Schließungen geben. In Zukunft kann aber nicht ausgeschlossen werden dass die eine oder andere Filiale überprüft wird.“

Zurück zur österreichischen Perspektive: Die gesamte Bankbranche werde um eine Filialschließungswelle nicht herumkommen, erklärte Cernko. Österreich sei „overbanked“ und „overbranched“. Hierzulande kämen nur 2000 Kunden auf eine Filiale. Zur Wirtschaftlichkeit bräuchte es aber größere Einheiten und 4000 bis 5000 Kunden pro Zweigstelle.

Das Kundenverhalten ändere sich zudem substanziell. Mit den Filialschließungen „sind wir ohnehin schon Nachzügler“, sagte Cernko. „Schauen Sie sich die Post und die Tankstellen an.“ Studien besagten, dass in den nächsten fünf Jahren ein Drittel des Bankstellennetzes in Österreich nicht zu halten sein werde, weil viele Menschen den „realen Marktplatz“ nicht mehr frequentierten.

Massiver Ausbau beim Internetbanking

Die Banken müssten daher reagieren. Auch die Bank Austria baue deshalb massiv ihr Internetbanking (inklusive Videobanking im Schichtdienst bis 22 Uhr am Abend) aus, für einfache Kontogeschäfte auch die Selbstbedienungsstellen.

Dennoch glaubt Cernko: „Wir werden aber immer Filialen brauchen.“ Die Einschnitte dürften laut Cernko in seinem Haus noch weniger scharf ausfallen als bei anderen, weil die Bank schon heute in Ballungszentren stark vertreten ist und sie hier auch künftig ihren Schwerpunkt hat. Dennoch werde es auch bei der Bank Austria eine „signifikante“ Zahl von Bankstellen treffen.

Keine Kündigungen

Leute kündigen will die Bank trotz der Schalterstellenschließungen nicht. Es soll wie bisher beim Nichtersatz freiwerdender Stellen bleiben. Seit zwei Jahren läuft ein Personalabbau, der bis 2015 die Reduktion des Mitarbeiterstands im Inland um 800 auf 10.000 Stellen vorgab. Mittlerweile wurden schon 400 Stellen eingespart, bis 2015 sind die weiteren 400 dran.

Einige hundert Mitarbeiter habe man auf neue Positionen gebracht. Auch auf Tätigkeiten, die ihnen einst nicht vorschwebten, was am Anfang „sicher nicht einfach“ gewesen sei, wie Cernko einräumte. Für Nach- und Umbesetzungen gibt es einen „internen Arbeitsmarkt“, diese „Jobbörse“ sei ein Erfolg.

Bis 2020 gehen in der Bank Austria 40 Prozent der Mannschaft – also rund 4000 Menschen – in Pension (Regelpension). Damit sollte der Abbau weiter sozialverträglich erfolgen können, sagte Cernko. Quer über alle Banken in Österreich dürfte der Strukturwandel 10.000 bis 15.000 der jetzt 80.000 Jobs kosten. „Unausweichlich“, wie Cernko sagt, „weil es das Geschäft nicht trägt.“

Das Retailgeschäft brachte für die Geldhäuser (2011) im Schnitt 5 Prozent Rendite, bei Kapitalkosten von 10 Prozent und mehr. Weil sich die Banken auf das risikoärmere „Brot-und-Butter-Geschäft“ konzentrierten, müssten sie und ihre Investoren mit viel weniger Rendite arbeiten können. Dazu kämen hohe regulatorische Kosten. „Aber wir müssen Gewinne machen. Wir müssen ja weiter Kapital aufbauen.“

„Es reicht nicht die Wände neu zu färben“

Damit stehe die Bankbranche vor einem radikalen Umbau. „Da reicht es nicht aus, die Wände neu zu färben. „Wir müssen einen Neubau riskieren, die Geschäftsmodelle überdenken.“ Und diese Geschäftsmodelle würden mit deutlich weniger Mitarbeitern bespielt. Nicht die Direktbanken forderten die Filialbanken heute heraus, sondern alle Zahlungsverkehrsanbieter, „die Googles und Amazons dieser Welt“, die das Verhalten ihrer Kunden „mitschreiben“.

Dem massierten Auftritt auf dem virtuellen Marktplatz soll auch der vorjährige – von spektakulären Pannen begleitete – IT-Umstieg der Bank Austria helfen. Bis die Onlinekunden im neuen System alles so haben, was sie im alten System hatten, wird es allerdings Sommer werden. (tt.com, APA)

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