Schretter fordert Nachdenken über „gemeinsame Schule“

Landeshauptmann Platter will die Gesamtschule, aber nicht alle folgen ihm ohne Widerspruch – wie eine Podiumsdiskussion in Reutte zeigte.

Von Helmut Mittermayr

Reutte –Brigitte Jaindl macht aus ihrer Meinung keinen Hehl. Die Direktorin des Reuttener Gymnasiums warnte davor, „einen so erfolgreichen Schultyp zu beschneiden“. Sie konnte in der von Landeshauptmann Günther Platter forcierten Gesamtschule keinen Mehrwert finden. „Alle Probleme aller sollen also dort gelöst werden. Das wird nicht funktionieren“, ließ die Pädagogin wissen. „Ich glaube auch, dass die Gesamtschule derzeit weder realisier- noch finanzierbar ist.“ Die AHS-Unterstufe sei unglaublich wichtig, etwa um lebende Fremdsprachen frühzeitig erlernen zu können.

Der AAB Reutte unter Obmann Tobias Falger hat zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Bildung in die Neue Mittelschule (NMS) Am Königsweg geladen. Bei dem bunten Strauß an Themen wurde auch die Gesamtschule der Acht- bis 14-Jährigen diskutiert. Die Intention: Schüler sollen nicht schon nach der Volksschule getrennt werden, sondern bis Ende der zumindest achten Schulstufe zusammenbleiben.

Auch Landesschulratspräsident Hans Lintner blieb skeptisch. „Der Vorschlag des Landeshauptmannes hat in der ÖVP überrascht und auch Irritationen ausgelöst, aber auch zur Diskussion gezwungen. Ich persönlich bin für eine Differenzierung und Wahlfreiheit“, womit Lintner nur die getrennte Weiterführung von Hauptschule und AHS-Unterstufe meinen konnte und der Gesamtschule eine Absage erteilte. Das österreichische System sei weltweit am erfolgreichsten. „Bei uns gibt es die geringste Jugendarbeitslosigkeit. PISA-Sieger Finnland hat dreimal so viele Arbeitslose“, stellte er die dortige Ausbildung in Frage. Lintner fragte sich – wenig zweideutig – warum „bei uns“ nun alles geändert werden solle.

Reinhard Schretter, Präsident der Tiroler Industriellenvereinigung, wollte lieber von einer „gemeinsamen Schule“ sprechen. Das Wort Gesamtschule war ihm ideologisch zu überfrachtet. Schretter, der einen Meinungsumschwung an sich selbst feststellte, sagte klar: „Die Realität überholt uns, die Diskussion zuzulassen ist daher richtig.“ Dem gesellschaftlichen Wandel müsse Rechnung getragen werden. Er zeigte sich ergebnisoffen, was bei der offenen Diskussion herauskommen könne. Ihm ging es auch um die Schaffung eines begeisterungsfähigen Unterrichts.

Hausherr Hanspeter Wagner konnte sich eine verschränkte Zusammenarbeit durchaus vorstellen. Alle Mittelschulen im Außerfern stünden für die Gesamtschul­idee bereit. Am Ende der Diskussion stellte Lintner auf TT-Nachfrage klar, dass es keinerlei Überlegungen im Land gebe, mit dem Außerfern als Gesamtschul-Modellregion zu starten. „Da müsste auch der Bund mittun. Und ein Schulversuch wird sicher nicht unter Zwang gestartet“, womit er die ablehnende Haltung des Gymnasiums meinte.