Neue Med-Uni Linz könnte in Tirol Ärztemangel verschärfen

Schon jetzt werden Ausbildungsärzte in Tirol dringend gesucht: Klinik-ärzte warnen vor massiven Auswirkungen einer geplanten Uni in Linz.

Von Peter Nindler

Innsbruck – An den heimischen Spitälern sucht man dringend Turnusärzte, die eine Ausbildung zum Allgemeinmediziner absolvieren wollen. In Vorarlberg fehlen an den Landesspitälern bereits 18 Turnusärzte, auch in Tirol wird es eng. Zuletzt soll es am Landeskrankenhaus Innsbruck heftige Debatten darüber gegeben haben, weil sich keine Turnusärzte mehr gemeldet haben. „Das stimmt nicht“, sagt der Chef der Landeskrankenanstaltengesellschaft Tilak, Stefan Deflorian. Doch eines steht fest: Die Wartelisten an der Klinik sind erschöpft, immer weniger Absolventen eines Medizinstudiums bewerben sich: „Früher hatten wir vier bis fünf Bewerber für eine Stelle, das spielt sich heute nicht mehr“, betont Deflorian.

Limitierte Studienplätze

Bereits zu Jahresanfang wurde über Ärztemangel an den Landesspitälern debattiert. Eine Zuspitzung droht 2014: Dann schließen nämlich jene Mediziner-Jahrgänge ihr Studium in Innsbruck ab, bei denen die Medizin-Uni die mögliche Österreicher-Quote von 75 % deutlich unterschritten hat. Der Mangel an Turnusärzten und Allgemeinmedizinern wird sich damit verschärfen.

Gleichzeitig befürchtet der Betriebsratschef der Bundesärzte Martin Tiefenthaler, dass bei einer Errichtung einer Medizin-Uni in Linz ein Teil der 400 Studienplätze in Innsbruck nach Oberösterreich abgezogen werden könnte. Um die Quotenregelung zu behalten, dürfe nämlich die Gesamtzahl von 1500 Studienplätzen für Human- und Zahnmedizin in Österreich nicht erhöht werden. Mit einer eigenen Medizinischen Universität möchte Oberösterreich dem Ärztemangel in den Spitälern begegnen.

Genereller Ärztemangel

Während Österreich in den nächsten Jahren generell ein Ärztemangel droht, weil einerseits Jung­ärzte wegen der prekären Situation an den heimischen Spitälern (Gehälter und Arbeitsbelastung) abwandern und zum anderen die Studienplätze mit 1500 an den drei Universitäten Wien, Graz und Innsbruck limitiert sind, gerät auch Innsbruck durch die Linzer Pläne in die Zwickmühle.

„Damit die 75-Prozentquote für Inländer beim Medizinstudium bleiben kann, müssten die knappen Studienplätze auf dem bisherigen Status limitiert bleiben und die zuletzt kolportierten 200 Studienplätze in Linz würden zu Lasten der anderen Standorte gehen“, betont der Betriebsratschef der Bundesärzte an der Innsbrucker Klinik Martin Tiefenthaler.

Unmittelbare Auswirkungen

Die Medizin-Universität Innsbruck hat derzeit 400 Studienplätze, 300 sind Österreichern vorbehalten. „Der Abzug der Studienplätze von Innsbruck bedeutet, dass es mittelfristig weniger Lehrpersonal und Universitätsärzte sowie eine Kürzung der Ausbildungsstellen für Fachärzte geben wird“, glaubt Tiefenthaler. Letztlich hätte das unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität der Patientenversorgung und der klinischen Wissenschaft.

Eine akademische Konkurrenz in Linz würde auch die Tiroler Landeskrankenanstaltengesellschaft Tilak in der Spitalsfinanzierung am Landeskrankenhaus Innsbruck/Klinik spüren, ist sich Tiefenthaler sicher. Aus der Infrastrukturabgeltung für Lehre und Forschung (Klinischer Mehraufwand) erhält das Land Tirol derzeit rund 60 Millionen Euro vom Bund. „Wenn davon nur ein Viertel aus Tirol abgezogen wird, übersteigt das die bisherigen Aufwendungen des Landes Tirol zur Abgangsfinanzierung der Tilak“, betont Tiefenthaler.