Wasser zur Menschwerdung
Leben mit den Roma: Jesuitenpater Georg Sporschill sucht Mitarbeiter für sein Projekt in Rumänien.
Wien –Unweit von Hermannstadt hat Sporschill zusammen mit Ruth Zenkert (50) im kleinen Ort Hosman (Holzmengen) einen Stützpunkt aufgebaut. Dort leben auch Volontäre. Gemeinsam bemühen sie sich darum, den Roma, die meist in traurigen Hütten wohnen, eine Perspektive zu geben. In der Nachbargemeinde Nou (Neudorf) wird wiederum ein Sozialzentrum aufgebaut. Und vor zwei Wochen ist Sporschill auf eine dritte Ortschaft gestoßen; Tichindeal (Ziegental) hat ihn in seinen Bann gezogen: „Das ist eine Roma-Siedlung der untersten Klasse: kein Wasser, kein Strom. Die Rumänen sind weggezogen, zurückgeblieben ist ein richtiges Ghetto.“
Doch er weiß, dass er da alleine nicht viel ausrichten kann. Daher sucht er freiwillige Frauen und Männer, die bereit sind, mindestens drei Monate lang mitzuarbeiten. „Man muss robust sein, man darf nicht verwöhnt sein“, beschreibt er die Anforderungen: „Das Zweite ist, dass man improvisieren können muss. Und das dritte Ideal wäre, dass man von irgendeinem Handwerk etwas versteht.“
Wenn Sporschill, aber auch Zenkert über ihre Sozialprojekte bei Straßenkindern in Bukarest, bei Gebrechlichen in Moldawien oder nun bei den von der rumänischen Gesellschaft verstoßenen Roma reden, dann meinen sie nicht in erster Linie materielle Hilfe. Ihnen geht es vielmehr darum, mit den Menschen zusammenzuleben und ihnen damit eine Würde zu geben: „Alles andere ergibt sich dann von selbst.“ In Ziegental – die deutschsprachigen Ortsnamen stammen aus einer Zeit, in der noch Sachsen hier gelebt haben – entsteht zwei Wochen nach dem ersten Besuch von Sporschill eine neue Welt: „Aus dem Brunnen kommt heute erstmals Wasser“, freut sich Georg Sporschill. „Die Mütter können damit sich und ihre Kinder endlich waschen. Das ist der erste Schritt zur Menschwerdung.“ Bisher hatten sich die Ziegentaler den ganzen langen und kalten Winter nicht gereinigt. Ihr Leben bestand vor allem darin, darauf zu achten, dass sie nicht erfrieren. Eine Grundschule für die Sechs- bis Zehnjährigen gibt es zwar und es wären auch 40 Buben und Mädchen eingeschrieben. „Aber nicht einmal ein Viertel davon besucht den Unterricht“, erzählt Sporschill und macht klar, dass das nachvollziehbar ist: „Wenn du daheim kein Licht und gar nichts hast, dann kannst du auch nicht in die Schule gehen.“ Also müsse man jetzt alle Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kinder „schulfähig“ werden. „Das Projekt macht mir große Freude“, erklärt Pater Sporschill: „Einerseits ist es eine Schande, dass es so etwas mitten in Europa gibt. Anderseits muss man nur einen Finger rühren und es entsteht ein Funke.“ (VN/jh)