Eiskalte Dusche für Bersani: Italien steuert auf Neuwahlen zu
Linken-Chef Bersani stellte Grillo ein Ultimatum für eine Zusammenarbeit, doch der Chef der Protestpartei ließ ihn erneut eiskalt abblitzen. Damit scheinen Neuwahlen vorprogrammiert.
Rom - Die Regierungsverhandlungen in Rom sind scheinbar ins Stocken geraten. Die Protestbewegung „Fünf Sterne“, drittstärkste Kraft im neuen italienischen Parlament, hat am Montag ihre feste Absicht bekräftigt, keiner neuen Regierung in Rom ihr Vertrauen auszusprechen. „Wir werden keine Regierung aus Traditionsparteien unterstützen“, betonte der Parlamentarier der Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo, Vito Crimi.
Die 163 neugewählten Grillo-Parlamentarier tagten am Montag erstmals in einem Hotel in Rom in Anwesenheit Grillos. „Wir beharren auf unserem Weg“, sagte Kabarettist. Er reagierte somit auf ein Ultimatum von Mitte-links-Chef Pierluigi Bersani, der der Protestbewegung mit Neuwahlen gedroht hatte, sollte es zu keiner Einigung über eine neue Koalition in Rom kommen.
„Grillo soll sagen, was er tun will“
„Grillo soll endlich sagen, was er tun will, ansonsten gehen wir alle nach Hause, er auch“, sagte Bersani in Anspielung auf Neuwahlen. Bersani erklärte, dass einige Aspekte von Grillos Wahlprogramm mit jenem seiner Mitte-Links-Allianz im Einklang stünden, andere nicht.
Bersani schloss eine Allianz mit dem Mitte-Rechts-Block um Ex-Premier Silvio Berlusconi entschieden aus. „Es ist unrealistisch, auch nur zu denken, dass ich ein Bündnis mit denjenigen eingehen könnte, die in Italien den politischen Neubeginn verhindert haben“, sagte Bersani, der am Sonntagabend als Stargast bei der vom Sender RAI gesendeten Talkshow „Che tempo che fa“ aufgetreten ist.
Bersani bemüht sich um Minderheitsregierung
Bersani bemüht sich um eine Minderheitsregierung. Am kommenden Mittwoch will er seiner Demokratischen Partei (PD) und Staatspräsidenten Giorgio Napolitano ein Programm aus acht wirtschaftlichen und politischen Reformen vorstellen. Damit will er beim neu gewählten Parlament um das Vertrauen für eine Minderheitsregierung werben. Sollte es keiner Koalition gelingen, eine tragfähige Regierung nach den Parlamentswahlen vergangene Woche zu bilden, wäre ein neuer Urnengang notwendig, meinen politische Beobachter in Rom.
Sollte es zu keiner Zusammenarbeit mit Grillo kommen, fordert Bersanis Bündnispartner Nichi Vendola Neuwahlen. Die Hoffnung sei, dass viele Wähler, die Grillo gewählt haben, sich für die Mitte-Links-Allianz entscheiden würden, um dem Land die notwendige Stabilität zu sichern.
Berlusconi hofft auf Amt des Senatspräsidenten
Berlusconi drängt indes auf eine Große Koalition mit der Mitte-Links-Allianz. Indiskretionen zufolge hofft der Medienzar, das Amt des Senatspräsidenten zu übernehmen. Als alternativer Kandidat denke er an seinen Vertrauensmann Renato Schifani, der diesen Posten bereits in der vergangenen Legislaturperiode bekleidet hatte.
Der Mitte-Links-Block hat zwar als stärkstes Bündnis die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer erobert, jedoch keine Mehrheit im Senat. Der unerwartet große Wahlerfolg der „Fünf Sterne“-Bewegung sowie des Mitte-Rechts-Blocks um Berlusconi setzen Bersani unter Druck. Dieser hatte vor dem Urnengang mit einer klaren Mehrheit in beiden Parlamentskammern gerechnet. Mehrere Schwergewichte in Bersanis PD üben daher nun offen Kritik an seiner Wahlkampagne. (APA)