SPÖ-Rochade fix: Darabos wechselt in Parteizentrale, Klug wird Minister
Es ist offiziell: Norbert Darabos kehrt dem Verteidigungsministerium den Rücken und wird wieder SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Seinen Job als Heereschef übernimmt Bundesrat Gerald Klug.
Wien, Klagenfurt – Die Ära von Norbert Darabos als Verteidigungsminister geht zu Ende. Wie die Tiroler Tageszeitung bereits am Montag exklusiv berichtet hatte, gibt es bei der Bundes-SPÖ eine Personalrochade. Norbert Darabos (S) legt sein Amt als Verteidigungsminister zurück und gibt ein Comeback als Bundesgeschäftsführer in der Parteizentrale. Weichen muss Günther Kräuter, der mit einem Posten in der Volksanwaltschaft entschädigt wird. Neuer Verteidigungsminister wird der Fraktionschef der SPÖ im Bundesrat, Gerald Klug, ein Mann „mit viel Erfahrung im politischen Management“, wie Kanzler Werner Faymann (S) am Dienstagnachmittag in einem Präsidium betonte.
Die Betroffenen wirkten nach Präsidium erlöst
Auch wenn die neuen Positionen - von Klug einmal abgesehen - für alle Beteiligten am Papier eine kleine Degradierung darstellen, wirkten die Betroffenen am Dienstag nach dem Präsidium geradezu gelöst. Die Hoffnung, dass Darabos die Partei im Herbst wieder auf Platz eins führen kann, ist groß. Immerhin hat er dereinst unter schwierigen Umständen Hans Niessl zum burgenländischen Landeshauptmann kampagnisiert, in einem ebenfalls ungünstigen Umfeld Alfred Gusenbauer zum Kanzler promotet und Heinz Fischer in die Hofburg gelotst.
Dass Darabos gerade eine Volksbefragung zur Wehrpflicht in den Sand gesetzt hat, irritierte heute niemanden. Schließlich hatte die Kampagne Kräuter geleitet und der findet nun eine neue Aufgabe in der Volksanwaltschaft, für die seitens der SPÖ Peter Kostelka nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren kann. Allzu viel Wehmut zeigte Kräuter nicht. Vielmehr meinte er, dass ihm die neue Aufgabe „sehr liegt“ - und dass man bei der Wahlkampfleitung auf den in dieser Position erfolgsverwöhnten Darabos setzt, sei eine „fast logische Entscheidung“.
Rudas: „Es gibt keinen besseren als Darabos“
Genauso sieht das Laura Rudas, die in der Bundesgeschäftsführung bleibt, was übrigens auch den Kanzler freut: „Ich bin froh darüber, dass wir sie haben.“ Sie wiederum ist froh, dass sie in der Parteizentrale nun Unterstützung durch Darabos hat, mit dem sie über viele Jahre eine sehr gute Zusammenarbeit verbinde. Der neue Bundesgeschäftsführer werde nun auch den Wahlkampf führen: „Es gibt keinen besseren als ihn.“ Sie werde ihn unterstützen, wo möglich.
Volles Vertrauen für Darabos kommt logischerweise auch von Faymann, der ihn erwählt hat und der Auserkorene selbst betonte, ohne Zögern dem Ansinnen gefolgt zu sein. Im Wahlkampf will er auf der erfolgreichen Kampagne der Kärntner Sozialdemokraten aufsetzen, die den direkten Kontakt zum Wähler gesucht und gefunden hätten. Dies müsse man nun von Kärnten auf ganz Österreich umlegen.
Noch nicht zu Wort meldete sich Klug, der erst morgen der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Wirklich bekannt ist der Steirer nicht. An verteidigungspolitischer Vergangenheit ist sein Präsenzdienst bekannt, zudem saß er seit einiger Zeit im Nationalen Sicherheitsrat. Ungeachtet dessen sei er sein Wunschkandidat gewesen, betonte Faymann. Gerade jetzt brauche es einen guten politischen Manager im Verteidigungsressort.
Keine Schonfrist für neuen Heereschef
Auf Schonzeit kann Klug nicht hoffen. „Ganz egal wer Verteidigungsminister ist, die Reform muss stehen“, pochte VP-Obmann Michael Spindelegger schon zu Mittag auf die termingerechte Fortsetzung der geplanten Wehrdienstreform. Zum Abgang des Verteidigungsministers hielt der Vizekanzler schlicht fest, nie Mitglied des Norbert Darabos-Fanclubs gewesen zu sein.
Auch die Opposition reagierte auf Darabos‘ Rücktritt recht unfreundlich. Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kommt dieser jedenfalls „viel zu spät“, und BZÖ-Chef Josef Bucher hat gar Mitleid mit dem neuen Minister Klug, der einen „Trümmerhaufen“ übernehmen müsse. . Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz wiederum findet, SPÖ und ÖVP sollten Innen-und Verteidigungsressort tauschen, das Team Stronach erwartet sich vom neuen Minister „kluges Vorgehen und rasches Handeln“ in Sachen Heeresreform.
Ob da bis zur Nationalratswahl noch viel weitergeht ist abzuwarten, wenn man dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl (S) zuhört: „Was wollen Sie das Bundesheer in dieser kurzen Zeit reformieren?“
Dörfler, Scheuch und Dobernig werden Abgeordnete
Auch die Kärntner Landtagswahl sorgte am Dienstag noch für viel Diskussionsstoff. So wurde etwa bekannt, wer für die FPK künftig im Landtag sitzen wird. Es handelt sich um drei ehemalige Regierungsmitglieder, nämlich Noch-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Ex-Parteichef Kurt Scheuch und Harald Dobernig. Die weiteren Mandatare sind der jetzige Landtagspräsident Josef Lobnig sowie Wilma Warmuth und Hannes Anton.
„Ich bin direkt gewähltes Mitglied eines Landtags, da möchte ich Kontrollorgan sein.“ So begründete Dörfler nach der Regierungssitzung seine Entscheidung, das im Wahlkreis West errungene Mandat anzunehmen. Seinen Nachfolgern will er „kritisch, aber nicht bösartig auf die Finger schauen“. Die Funktion des Klubobmannes ist für ihn kein Thema. Gerüchte, dass Scheuch dieses Amt wieder übernehmen will, wurden vom Ex-Parteiobmann nicht bestätigt. „Darüber werden wir in den Gremien entscheiden“, sagte Scheuch.
„Politischer Todesstoß“
Bei den anderen Parteien löste die Personalentscheidung befremdete bis belustigte Reaktionen aus. SPÖ-Landesgeschäftsführer Daniel Fellner erklärte, die FPK habe damit die letzte Chance vergeben, dass sie sich in den kommenden Jahren politisch doch wieder erholen könnte. „Das ist ihr politischer Todesstoß.“
Grün-Abgeordneter Rolf Holub meinte trocken: „Na das nenne ich einmal ein wirklich neues Team.“ ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer will die parteiinternen Entscheidungen bei den Freiheitlichen nicht kommentieren: „Das ist ihre Sache.“ Und BZÖ-Mann Stefan Petzner sprach vom „blauen Landtags-Gruselkabinett, das da jetzt kommt“.
Grüne wollen Dreier-Koalition in Kärnten
Die Grünen sprachen sich am Dienstag für eine Koalition mit der SPÖ und der ÖVP aus. Landessprecher Frank Frey erklärte bei einer Pressekonferenz, man habe im erweiterten Vorstand beschlossen, die „einmalige Chance der möglichen verfassungsgebenden Mehrheit nützen zu wollen“. Dann könne man mit Rot und Schwarz den Proporz abschaffen und die Kontrollrechte des Landtags stärken. Der designierte Landesrat Rolf Holub betonte, jetzt sei eine breite Zusammenarbeit für Kärnten nötig.
Das BZÖ will aufgrund des knappen Wahlausgangs – durch eine einzige Briefwahlstimme wanderte ein Mandat vom BZÖ zu den Grünen – bis Donnerstag eine Nachzählung beantragen. „Wir wollen keinen Wirbel machen, allerdings ist es ein politisch legitimes Mittel, um Rot-Grün zu verhindern“, sagte BZÖ-Wahlkämpfer Stefan Petzner.
Strache: „Ernüchternde Ergebnisse“
Auch FPÖ-Chef HC Strache lud am Dienstag zu einer Pressekonferenz. Dabei räumte er die Niederlagen seiner Freiheitlichen bei den Landtagswahlen ein. Die FPK in Kärnten und die FPÖ in Niederösterreich hätten bei den Wahlen am Sonntag nicht ansatzweise den Erfolg erreicht, den man sich vorgestellt habe.
Das Ergebnis in Niederösterreich sei „mehr als ernüchternd“. Der Schaden war „hausgemacht“, analysierte Strache, man sei nicht optimal aufgestellt und außerdem zu wenig angriffig und zu passiv gewesen. „Das darf nicht passieren.“ Man sei dabei, Gespräche über den weiteren Weg zu führen. Gefragt, ob Frontfrau Barbara Rosenkranz zurücktreten soll, verwies Strache darauf, dass alles in den Gremien zu besprechen sei und er vorher nichts sagen könne. NÖ-Parteichefin Rosenkranz hat heute hingegen einen Rücktritt ausgeschlossen.
In Kärnten seien mit dem Rücktritt Kurt Scheuchs und der Einsetzung von Christian Ragger als geschäftsführendem Landesparteiobmann bereits erste Konsequenzen nach dem Wahldebakel gezogen worden, so strache. er wiederholte heute auch seinen Wunsch, dass die FPK wieder vollständig in der Bundespartei aufgehen soll. Die FPK müsse die moralischen Standards (z.B. Rücktritt bei Anklage wegen Korruption) mittragen und diese Botschaften seien auch angekommen, ist Strache überzeugt. Bis zu dem von ihm gewünschten „Wiedervereinigungs-Parteitag“ müsse aber noch einiges passieren.
TT.com berichtete in einem Live-Blog über die Ereignisse in der Innenpolitik.