Effizienteste Justiz von ganz Europa
Tiroler Justiz-Standesvertreter freuen sich über Bericht des Europarates, mahnen aber von Politik Fokus auf Qualität ein.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck, Straßburg –Mit der Innsbrucker Zivilrichterin Maria Gutheinz und ihrem Kollegen Michael Ortner sind die Spitzen der Tiroler Richtervereinigung (255 Mitglieder) und der Gewerkschaft für Richter und Staatsanwälte (120 aktive Kollegen) seit Ende letzten Jahres wieder neu besetzt. Der in den letzten Jahren teils geäußerten Kritik an der heimischen Justiz halten beide im TT-Interview nun quasi punktgenau zum Dienstantritt einen Bericht des Europarates entgegen, in dem die „Kommission für die Effizienz der europäischen Justiz“ Österreich unter 45 Staaten absolute Bestnoten ausstellt. Schon allein aus Budgetgründen müsste die Regierung demnach mit der heimischen Justiz ihre helle Freude haben. So erarbeitet die österreichische Justiz die mit Abstand höchste Gebührendeckung. Unglaubliche 110,9 Prozent beträgt der Deckungsanteil. Im europäischen Schnitt sind es gerade 25,9 Prozent. Der großflächige Einsatz von EDV-Lösungen und Rechtspflegern drückt die Kosten. Das erstaunliche dabei: Trotz von Richtervereinigung und Gewerkschaft monierter chronischer Unterbesetzung (Auslastung Landesgericht 120 Prozent) arbeitet der Zivilbereich der Justiz im Mittel- und westeuropäischen Vergleich mit Abstand am schnellsten. Ortner: „Die Erledigungsdauer von streitigen Zivilrechtssachen beträgt nur 129 Tage!“ Dies ist umso bemerkenswerter, als der Europaschnitt 282 Tage (z. B. Frankreich 286, Schweden 197 oder Italien 533 Tage) beträgt. Beide Standesvertreter sind stolz darauf, können dem allerdings nicht nur Gutes abgewinnen: „Wir sollten seitens der Justizverwaltung nicht nur an der Aktenerledigung gemessen werden. Entscheidend muss letztendlich die Qualität bleiben. Wir laufen von der Belastung her dauernd im roten Bereich. Für uns ist aber primär die Gerechtigkeit wichtig!“ Sollte ein Verfahren dann doch länger dauern, wird auf die neuen Lebenswelten verwiesen. So würden sich Verfahren und Prozesse mit Auslandsbezug häufen. Ortner: „Ab da sind wir auf die Mitarbeit anderer Staaten angewiesen. Und das kann dann oft dauern.“