Volksbefragung in Wien

Olympia in Wien: Bei Zuschlag müssten Milliarden investiert werden

Ab Donnerstag stimmen die Wiener in einer Volksbefragung darüber ab, ob sich die Bundeshauptstadt für die Olympischen Sommerspiele 2028 bewerben soll. Bei den Sportstätten ist noch keine Olympia-Reife in Sicht. Allein die mögliche Bewerbung würde einen zweistelligen Millionen-Eurobetrag kosten. Die Summe bei einer Ausrichtung liegt längst in den Milliarden.

Wien - Nach dem „Fehlschlag“ im vergangenen Jahr in London mit den zweiten medaillenlosen Sommerspielen in der Geschichte soll in Österreich nun auf eine andere Art eine Olympia-Euphorie entfacht werden. Die Wiener Bevölkerung entscheidet von Donnerstag bis Samstag im Rahmen einer Volksbefragung darüber, ob sich die Bundeshauptstadt um die Ausrichtung der Sommerspiele 2028 bemühen soll.

Alleine mit einem „Ja“ wird es aber nicht getan sein, auch wenn sich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) für den Fall der Zustimmung durch seine „Untertanen“ siegessicher gab. „Wenn wir uns bewerben, werden wir gewinnen“, sagte das Stadtoberhaupt in einer Pressekonferenz. Um das Internationale Olympische Komitee (IOC) bis zur Vergabe der Spiele im Jahr 2021 zu überzeugen, braucht es aber noch viel mehr.

Allen voran betrifft das die erforderlichen Sportstätten. In Wien fehlt es da an Quantität und an Qualität. Bei den vergangenen Sommerspielen in Athen 2004, Peking 2008 und London 2012 hat es nie weniger als 30 Wettkampfstätten auf höchstem Niveau gegeben. Davon ist Wien derzeit meilenweit entfernt. Die sportliche Infrastruktur der Stadt genügt auch weit geringeren als olympischen Ansprüchen nicht.

Milliarden müssten investiert werden

Da Wien kaum über olympiataugliche Sportstätten verfügt, würden Bau bzw. Adaptierung von Stadien und Hallen eine enorme Summe verschlingen. Größter Brocken als Einzelinvestition wäre die Finanzierung eines Olympiastadions, das laut Vorgabe für die Leichtathletik-Bewerbe eine Netto-Kapazität (VIP und Medien nicht eingerechnet) von mindestens 60.000 Personen haben muss. Zum Vergleich: Das Happel-Stadion im Prater bietet rund 50.000 Zuschauern Platz. Es wäre damit aber für Fußball und auch Rugby tauglich.

Ein besonders teurer Budget-Posten ist das Thema Sicherheit, die Kosten sind seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 explodiert. 1976 in Montreal betrugen die Kosten 70 Millionen US-Dollar, rund 17.000 Soldaten und Polizisten waren im Einsatz. Das Sicherheitskonzept für Athen 2004 und damit die ersten Spiele nach „nine eleven“ verschlang 1,5 Milliarden Dollar, die NATO trat als Mitbeschützer auf und die EU als Mitfinanzierer.

London 2012 kostete 11,5 Milliarden Euro

Von den Schauplätzen der jüngten Sommerspiele ist Wien am ehesten mit dem aber auch noch einmal doppelt so großen Athen vergleichbar. Olympia 2004 in Griechenland kostete 8,954 Milliarden Euro, Peking 2008 unglaubliche 33 Milliarden Euro (davon 30,5 für Infrastrukturmaßnahmen). London 2012 bezifferten sein Budget mit 11,48 Milliarden Euro. 40.000 Polizisten, Soldaten und andere Sicherheitskräfte waren zum Schutz der Sommerspiele in Großbritannien abkommandiert, das allein bedeutete einen Aufwand von 1,5 Milliarden Euro.

Nach den Spielen war aber noch nicht Schluss mit Geldausgeben in London. So wird der Olympia-Park um 380 Millionen Euro umgebaut. In „Queen Elizabeth Olympic Park“ umbenannt, soll er künftig für große Sportereignisse genutzt werden. Das Errichten mobiler Anlagen sowie der Rückbau diverser Stätten müsste freilich natürlich auch in Wien thematisiert werden.

15 Jahre Vorbereitungszeit

Ein Inkraftsetzen des Bewerbungsprozess könnte in Wien allerdings eine Initialzündung für ein Sportstättenkonzept bringen. Bis zum Beginn des Vergabe-Prozesses im Jahr 2019 blieben immerhin noch sechs Jahre, bis zum eigentlichen Zuschlag an eine Kandidatenstadt rund achteinhalb Jahre. Im Falle des aus heutiger Sicht unwahrscheinlichen IOC-Sanktus für Wien gäbe es in Summe gar mehr als 15 Jahre Vorbereitungszeit.

Bei einer Umfrage unter Funktionären und Trainern aller österreichischen Fachverbände in den 28 momentanen Sommersportarten mit Olympia-Status kristallisierte sich vor allem bei den Hallen-Bewerben akuter Handlungsbedarf heraus. Kaum ein Komplex hat Olympia-Reife. Und wenn, wie das Multiversum Schwechat, ist die olympische Benutzbarkeit wegen weit zu geringen Fassungsvermögens sehr beschränkt.

Auch ein Olympiastadion als Herzstück der Spiele müsste gebaut werden. Bei möglichen Standorten für solch ein Stadion inklusive des Olympiaparkes, wurden schon der Wiener Prater und das Asperner Stadtentwicklungsgebiet in Donaustadt genannt.

Um einiges besser sieht die Sportstätten-Lage für die Freiluft-Events aus. Als diesbezügliches Zentrum ist die Neue Donau für Rudern, Kanu mit der derzeit gebauten Wildwasserstrecke, Freiwasserschwimmen und Triathlon denkbar. Auch die Marathons und Straßen-Radrennen, Beach-Volleyball und Bogenschießen vor historischen Bauten könnten ein Trumpf-Ass in einer Bewerbung um die XXXIV. Sommerspiele sein.

Nachhaltigkeit gefragt

Neben der Frage, ob Olympische Sommerspiele künftig noch an kleine Millionenstädte wie Wien vergeben werden, stellt sich auch jene der Nachhaltigkeit. Da die meisten der Sportstätten im Zuschauerbereich in die zig-tausend gehen würden, wären sie in ihrer Größe für die österreichische Sportlandschaft nicht verwendbar. Intelligente Rückbau-Konzepte und eine nur temporäre Verwendbarkeit wären da gefragt.

Sollten die Wiener die Olympia-Frage vermehrt positiv beantworten, könnten vielleicht auch die bekannt guten Organisationsleistungen und vielleicht sogar der Wiener Charme als Pluspunkte in die Waagschale geworfen werden. Ob das im Wettstreit um die Vergabe in der oft sehr stark auch politisch motivierten Entscheidung der IOC-Granden gegen finanzkräftige Welt-Metropolen ausreicht, bliebe abzuwarten.

Jedenfalls würde ein „Ja“ der Wiener den Ball zum Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) weiterspielen, von dort aus müsste die offizielle Bewerbung am Ende dieses Jahrzehnts an das IOC gehen. Grundsätzlich wäre das Ski-verrückte Österreich mit einer Bewerbung für Winterspiele jedenfalls wohl chancenreicher. Allerdings gab es da zuletzt mit Salzburg für 2010 und 2014 zwei erfolglose Bewerbungen. (TT.com, APA)