„Man(n) glaubt‘s selbst ja nicht“
Vier aus 64 – was einem Lotto-Motto gleicht, ist die Anzahl der von Frauen geführten österreichischen Sportfachverbände. Auch medial sind die Damen arg im Hintertreffen.
Von Max Ischia
Innsbruck –Maria Scharapowa ist ein Süße. Sagt sie zumindest selbst. Und weil die gegenwärtig wohl schillerndste Erscheinung im Damen-Tennis die mit Abstand geschäftstüchtigste ist, gibt es die 25-jährige Russin seit einigen Monaten quasi auch zum Lutschen. „Sugarpova“ nennt sich ihre Fruchtgummi-Kollektion, die sie wohl wieder um ein paar Milliönchen reicher machen wird. In ihrer zehnjährigen Profi-Karriere hat die Russin bereits einen stattlichen Batzen Geld verdient. Bis zum gestrigen Tag waren es exakt 23,760.515 US-Dollar – an Preisgeldern wohlgemerkt. Weil die langbeinige Blondine aber auch abseits des Tennisplatzes ihr Handwerk versteht, beläuft sich ihr Jahres(!)verdienst dank der Modelaufträge und potenten Sponsoren auf 27,1 Millionen US-Dollar – unerreicht im Damen-Sport, gerade einmal Platz 26 im Herren-Ranking.
Scharapowa ist so etwas wie die Musterschülerin der WTA, des Tennisweltverbandes der Damen. Weil das vermeintlich schwache Geschlecht vor Jahren gegenüber der Herren-Tour (ATP) arg ins Hintertreffen geraten war, stellten die WTA-Granden ihre Marketingstrategie kurzerhand um. Frei nach dem gewinnbringenden Motto: „Sex sells“. Und weil gerade aus dem ehemaligen Osten auffallend viele langbeinige, blondmähnige, kurzum gutaussehende (und dementsprechend gut zu vermarktende) Weltklassespielerinnen den Markt überfluten, macht sich Elisabeth Habeler so ihre Gedanken. Habeler, Geschäftsführerin von „100 % Sport“, dem vom Sportministerium 2010 ins Leben gerufenen Kompetenzzentrum für Chancengleichheit der Geschlechter im Sport, fragt sich manchmal, „ob die Spielerinnen in ihrer Kinderzeit dort inzwischen auch nach ihrem Aussehen gecastet werden“.
Erschreckend, so Habeler, die selbst in den Neunzigerjahren Profi-Tennisspielerin war, sei aber auch etwas ganz anderes. Womit wir bei der Rolle der Frau im österreichischen Sport angekommen wären. Die gute Nachricht: Die Frauen sind im Vormarsch. Die schlechte: Das Vorankommen verläuft im Schneckentempo. Der Frauenanteil in den Vorständen der heimischen Sportfachverbände liegt bei höchst bescheidenen elf Prozent, von den 64 Verbänden werden gerade einmal vier von Frauen geführt. In den Vorständen der vier Fachverbände mit den meisten Mitgliedern (Fußball, Ski, Tennis, Eisstocksport) finden sich 97 Prozent Männer und lediglich drei Prozent Frauen. Auch das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) und die Sporthilfe sind vorerst uneinnehmbare Männerbastionen. „Dieser Zustand macht bewusst, wie ernst es um die Frauen im Sport steht“, meinte unlängst Christa Prets, die Vorsitzende von „100 % Sport“, bei einer Podiumsdiskussion in Wien.
Ein Eindruck, der sich auch nach einer Untersuchung ausgewählter Online-Medien erhärtete. Im Zeitraum zwischen Juli und September 2011, also in der ski-alpin-losen Zeit, wurden 2851 Artikel aus dem Sportbereich erfasst. Das für die Damen ernüchternde Ergebnis: 94 % der Meldungen waren Männern gewidmet. „Man glaubt‘s ja selbst nicht, weil man als Konsument eine doch andere Wahrnehmung hat“, trauten die Auftraggeber von „100 % Sport“ ihren Augen nicht.
Ein einseitiges Bild zeichnet hierzulande auch die Trainerausbildung. Die Daten aus sieben erhobenen Jahren (2005 bis 2011) ergeben eine bescheidene Durchschnitts-Frauenquote von 22 Prozent.