Darabos: Direktkontakt statt Video
Der neue SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos erklärt, wie er seine Partei wieder fit machen will. Die Wahlen im Herbst will er mit roten Kernthemen gewinnen.
Wir sitzen hier noch in Ihrem Büro als Verteidigungsminister. Sie wirken seit der Ankündigung Ihres Wechsels in die SPÖ-Zentrale aber locker und gelöst wie schon lange nicht mehr. War die Last des Verteidigungsministeriums so groß?
Norbert Darabos: Ich höre das jetzt oft. Es ist aber keine Last weggefallen, weil das Verteidigungsministerium hat mir mehr Spaß gemacht, als mir nachgesagt wird. Und zweitens ist auch der neue Job kein Spaziergang. Ich wirke vielleicht ein bisschen aufgeräumter, weil ich weiß, dass ich das hundertprozentige Vertrauen der gesamten SPÖ-Führung in den Ländern und der Basis besitze. Es sind aber nur mehr sechs Monate bis zur Nationalratswahl. Da müssen wir jeden Tag nützen. Ich weiß, dass ich schon drei Wahlkämpfe erfolgreich managen durfte. In diesem Bewusstsein gehe ich diese neue Aufgabe an.
Es sind Ihre letzten Tage im Verteidigungsministerium. Vielfach bestand der Eindruck, Sie seien hier nie wirklich angekommen. Was hätten Sie selber besser machen müssen?
Darabos: Ich habe unterschätzt, dass Österreich noch nicht reif ist für einen Verteidigungsminister, der nicht beim Heer gedient hat. Dabei hat es auch in Österreich schon Angehörige weißer Jahrgänge gegeben, die sich dann als Stahlhelm inszeniert haben (Robert Lichal, Anm.). Und der längstdienende Minister (Werner Fasslabend, Anm.) ist untauglich gewesen. Ich habe es auch mit dem Eurofighter nicht einfach gehabt. Vielleicht hätte ich versuchen müssen, im Ministerium breitere Allianzen zu schließen.
Sie kommen als Troubleshooter in die SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße. Was können Sie besser als Ihre Vorgänger Günther Kräuter und Laura Rudas?
Darabos: Ich will nicht die Arbeit meiner Vorgänger bewerten. Ich weiß, was ich kann. Ich weiß, dass man die Kampagnenfähigkeit der SPÖ stärken muss. Wir müssen uns auf den Wahlkampf fokussieren und dafür die Ärmel aufkrempeln. Um zu gewinnen, muss man die gesamte Organisation und Struktur auf Wahlkampf umstellen. Und das kann ich.
Es gab immer wieder auch Kritik, dass aus der SPÖ-Zentrale zu wenig Inhalte kommen und man sich zu sehr dem Boulevard angebiedert habe. Teilen Sie diese Kritik?
Darabos: Die SPÖ wird dann erfolgreich sein, wenn sie zwei Dinge beherzigt: Wenn sie sich inhaltlich auf die Kernbereiche konzentriert, nämlich Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik und Bildungspolitik, und sich nicht auf Nebenschauplätzen verzettelt. Und auf der anderen Seite muss die SPÖ wieder lernen, direkt den Bürger anzusprechen und unsere Funktionäre zu mobilisieren. Ich halte auch das Wort Funktionär nicht für ein Schimpfwort, sondern für etwas Wichtiges.
Wollen Sie auch für die kommenden Wahlkämpfe in Tirol und Salzburg noch Beiträge leisten?
Darabos: Ich will nicht aus der Bundessicht gute Ratschläge an die Länder verteilen. Umgekehrt ist es aber wichtig, dass die Länder auf einer Ebene mit mir kommunizieren. Ich werde sie wieder stärker einbinden, Videokonferenzen reichen da nicht. Wir haben bei der Volksbefragung gesehen, dass nicht alle an einem Strang gezogen haben.
Was ist Ihr Wahlziel für die Nationalratswahl am 29. September?
Darabos: Es geht bei dieser Wahl darum, eine Renaissance von Schwarz-blau zu verhindern. Ich trete an, um ein Plus vorne zu haben. Wenn wir über 30 Prozent kommen, wäre auch klar, dass eine Regierung ohne uns nur schwer möglich ist.
Hat die SPÖ Koalitionsoptionen neben der ÖVP?
Darabos: Wir haben auf Bundesebene klargemacht, dass es keine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen geben wird. Alles andere ist offen. Ich würde mich freuen, wenn es eine Zweierkonstellation geben könnte. Denn es muss auch gesagt sein, dass Rot-schwarz oft unter Wert verkauft wird. Wir haben aber relativ viele Optionen.
So viele Möglichkeiten haben Sie rein rechnerisch nicht. Es gibt die Option ÖVP – und das war‘s dann.
Darabos: Wir haben Wahlen zu schlagen und der Wähler goutiert davor keine Festlegungen. Wir wollen so stark wie möglich werden und dann werden wir weitersehen. In anderen Ländern gibt es etwa Minderheitsregierungen. Wir wollen gewinnen mit unserem Alleinstellungsmerkmal als soziale Kraft. Und wir sind Garant dafür, Dinge zu verhindern, beispielsweise Privatisierungen.
Sie unterstreichen das Nein zur FPÖ. Lässt sich das durchhalten, wenn etwa Gabi Burgstaller in Salzburg mit Rot-blau damit liebäugelt?
Darabos: Auf Bundesebene wird es dazu nicht kommen. Ich weiß aus dem Burgenland, dass es da und dort auch gute Kooperationen auf Gemeindeebene gibt. Aber das ist eine pragmatische Zusammenarbeit, weil Gemeindepolitik weniger ideologisch ausgereichtet ist als werteorientierte Bundespolitik.
Ist es schwieriger, einen Wahlkampf gegen einen Koalitionspartner zu führen als aus der Opposition heraus wie 2006?
Darabos: Nein. Man muss nur wissen, wo die ÖVP ihre Hebel ansetzt. Und die sind in Wahlkämpfen nicht fein. Es ist verräterisch, wenn mein Pendant in der ÖVP, der Herr Rauch, sagt, dass er sich auf ein Match freut. Das ist eine komische Aussage. Mir geht es nicht um ein Match, sondern es geht darum, den Wettbewerb der besseren Werte und Inhalte zu führen.
Sie betonen immer wieder die Werte. Warum sind die der SPÖ in den vergangenen Jahren verloren gegangen?
Darabos: In der Regierung gibt es immer eine Hinwendung zum Pragmatismus. Und das kann auch bedeuten, das Ziel aus den Augen zu verlieren. Der Wahlkampf ist eine Zeit, wo man diese Fokussierung wieder stärker finden muss. Ich gebe zu, dass ich in den vergangenen Jahren nicht immer zufrieden war. Aber jetzt, ein halbes Jahr vor den Wahlen, ist es Zeit, den Leuten zu sagen, was ohne Sozialdemokratie passiert.
Was würde passieren?
Darabos: Privatisierungen würden vorangetrieben, die Arbeitsmarktpolitik würde nicht im Zentrum stehen, es würde nicht die Umverteilung von oben nach unten geben, die wir fordern. Ich rufe nicht den neuen Klassenkampf aus. Aber ich bin überzeugt, dass die SPÖ auch in einer aufrechten Koalition sagen muss, wir stehen für Vermögenssteuern, wir wollen, dass der Besserverdiener solidarisch für den weniger gut Verdienenden etwas leistet.
Diese Umverteilung findet doch ohnehin statt?
Darabos: Zu wenig. Die Vermögenssteuerdiskussion werde ich der ÖVP und wird die Sozialdemokratie der ÖVP im Wahlkampf nicht ersparen.
Ein Thema wird wohl auch die gemeinsame Schule?
Darabos: Die ÖVP verhindert in vielen Bereichen Reformen. Das gilt auch in meinem bisherigen Ressort. Jeder macht Fehler, aber ich habe schon das Gefühl gehabt, dass die ÖVP jeden Reformansatz im Keim ersticken möchte.
Wollen Sie persönlich wieder in den Nationalrat gehen?
Darabos: Ja.
Und nach der Wahl. Wollen Sie dann zurück in die Regierung, vielleicht gar ins Verteidigungsministerium?
Darabos: Eine Rückkehr ins Verteidigungsministerium kann ich ausschließen. Alles andere ist offen. Ich konzentriere mich jetzt auf die nächsten sechs Monate. Und wenn wir erfolgreich sind, freue ich mich. Dann habe ich einen Platz in den Geschichtsbüchern der Sozialdemokratie als jemand, der es geschafft hat, auch eine vierte Wahl zu gewinnen.
Das Gespräch führte Wolfgang Sablatnig.