Wifo: Konjunktur-Talsohle durchschritten, Kurs auf Erholung
Gegenüber dem Vorquartal schrumpfte das heimische Bruttoinlandsprodukt im 4. Quartal 2012 um nur 0,1 Prozent. Zuvor hatte das Wifo ein stärkeres Minus ermittelt.
Wien - Österreichs Wirtschaft ist Ende 2012 weniger stark zurückgeworfen worden als befürchtet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im 4. Quartal gegenüber dem Vorquartal real lediglich um 0,1 Prozent, gab das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Freitag bekannt. Bei der ersten Berechnung war man noch von einem Minus von 0,2 Prozent ausgegangen.
Im Jahresabstand legte das BIP im Schlussquartal real mit 0,7 Prozent spürbar kräftiger zu als die bei der Schnellschätzung Mitte Februar angenommenen 0,4 Prozent. Nominell lag die Wirtschaftsleistung im Zeitraum Oktober bis Dezember um 3,5 Prozent höher als ein Jahr davor.
Für das Gesamtjahr 2012 hat das Wifo für Österreich nun ein reales Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent ermittelt, nach vorläufiger Berechnung waren es 0,7 Prozent gewesen.
Industrie erwartet Aufwärtstrend
Die Konjunktur dürfte in Österreich die Talsohle zu Jahresbeginn durchschritten haben, erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Freitag zu den neu berechneten BIP-Zahlen für das Schlussquartal 2012, die lediglich ein Minus von 0,1 Prozent im Quartalsabstand ergeben haben.
Trotz der Wachstumsverlangsamung zu Jahresende habe sich das allgemeine Stimmungsbild in Österreich bereits im November aufgehellt. Gemäß dem Wifo-Konjunkturtest von Februar würden die heimischen Industrieunternehmen einen Aufwärtstrend erwarten, erklärte das Institut in einer Aussendung. Die Vorlaufindikatoren würden auch für wichtige Exportmärkte Österreichs - insbesondere Deutschland - eine Besserungstendenz zeigen.
Die Wachstumsdämpfung im 4. Quartal war laut Wifo vor allem auf die Schwäche der Weltwirtschaft und die damit verbundene Verringerung der internationalen Kapital- und Handelsströme zurückzuführen. Anfang 2013 habe die Weltkonjunktur aber wieder angezogen. Getragen werde diese Stabilisierung in erster Linie von den Schwellenländern.
Allerdings seien die weltweiten Wachstumsaussichten weiterhin von Abwärtsrisiken aufgrund der europäischen Staatsschuldenkrise und der Unsicherheiten über die Entwicklung der Staatsfinanzen in den USA geprägt, geben die Wifo-Experten zu bedenken.
Erholung aber „sehr fragil“
Gedämpft werde der Ausblick von der weiterhin ungünstigen Entwicklung im Euroraum, verweisen die Experten auf eine nur „sehr fragile Erholung“. Zwar würden viele Vorlaufindikatoren auf eine Zunahme der Dynamik hindeuten, doch trüge die Unsicherheit von Privathaushalten und Unternehmen die Wachstumsaussichten.
Beim leichten Rückgang des heimischen BIP im 4. Quartal gegenüber dem vorhergehenden Vierteljahr haben sich laut Wifo nahezu alle Nachfragekomponenten mäßig entwickelt. Auf der Angebotsseite gingen vor allem von der Sachgütererzeugung negative Impulse aus.
Österreichs Wirtschaft werde 2013 voraussichtlich um ein Prozent real wachsen, und diese Prognose von Dezember werde das Wifo voraussichtlich auch bei der nächsten vierteljährlichen Vorschau im März beibehalten können - trotz des BIP-Rückgangs in der Eurozone insgesamt -, hatte Wifo-Chef Karl Aiginger vor eineinhalb Wochen angekündigt. Österreich entwickle sich bereits zwölf Jahre besser als die Eurozone, das sei „ganz ungewöhnlich“, so Aiginger am Montag voriger Woche.
Ihre nächsten Konjunkturprognosen legen Wifo und Institut für Höhere Studien (IHS) in knapp zwei Wochen am 21. März vor. Das Ergebnis der Schnellschätzung für das BIP im 1. Quartal 2013 ist dann für 15. Mai geplant.
Kein Grund für Pessimismus
Der marginale BIP-Rückgang in Österreich im 4. Quartal 2012 im Vergleich zum Vorquartal hat keine negative Überraschung dargestellt, und es bestehe deshalb kein Grund für einen übertriebenen Pessimismus, meinte am Freitag Wifo-Experte Christian Glocker im Gespräch mit der APA.
Schon länger sei man davon ausgegangen, dass das Schlussquartal negativ sein werde, die Bandbreite dafür sei zwischen Null und minus 0,2 bis minus 0,3 Prozent gelegen. Dass sich das BIP in einigen Euroländern wie Deutschland oder in Südeuropa bzw. in der Eurozone insgesamt im 4. Quartal verschlechtert habe, sei hingegen schon eine Überraschung gewesen.
In Deutschland und im Euroraum ist die Volkswirtschaft im 4. Quartal jeweils um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft, die entsprechenden Daten wurden vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden und dem EU-Statistikamt Eurostat in Luxemburg auch bei der Zweitberechnung bestätigt.
Wie stark das Wachstum in Österreich oder auch im Euroraum im heurigen Jahr 2013 ausfallen könne - für unser Land ging die EU-Kommission zuletzt von real 0,7 Prozent aus und das Wifo von 1,0 Prozent -, hänge auch davon ab, ob es aus dem Vorjahr einen statistischen Über- oder Unterhang gebe. Eine wichtige Richtgröße dafür seien die Daten für das 4. Quartal, so Glocker mit Hinweis auf die in knapp zwei Wochen anstehenden neuen Prognosen von Wifo und IHS.
Wind dürfte bald drehen
Mit dem 4. Quartal als wichtiger Basis für 2013 hatte auch am Donnerstag die Europäische Zentralbank (EZB) argumentiert. In ihrer neuen vierteljährlichen Projektion senkten die EZB-Experten zwar die Konjunkturprognosen für die 17 Euroländer erneut. Dies sei aber vor allem dem schwachen Schlussquartal 2012 geschuldet, betonte EZB-Präsident Mario Draghi in Frankfurt.
Laut jüngster EZB-Prognose wird die Wirtschaft im Währungsgebiet 2013 in einer Spanne von minus 0,9 bis minus 0,1 Prozent schrumpfen, davor hatte die Bandbreite noch auf minus 0,9 bis plus 0,3 Prozent gelautet. Noch im 1. Halbjahr sollte sich aber die Wirtschaftsleistung stabilisieren, sagte Draghi, und für die zweite Jahreshälfte erwarte man eine schrittweise Konjunkturerholung. Für 2014 prognostiziert die EZB nun ein BIP-Plus in der Eurozone von rund einem Prozent, die Spanne wurde leicht abgesenkt von 0,0 bis +2,0 Prozent (von davor +0,2 bis +2,2 Prozent).
Für die Wirtschaft der Eurozone erwartet Draghi zwar noch ein hartes Jahr und in Summe sogar eine etwas schlimmere Rezession als ursprünglich erwartet. Allerdings dürfte seiner Einschätzung nach der Wind bald drehen. „Der Pfad der wirtschaftlichen Erholung bleibt unverändert, und auch die Inflationserwartungen stimmen mit unseren mittelfristigen Zielen überein“, begründete der EZB-Präsident am Donnerstag, warum sich die Notenbanker letztlich gegen eine Zinssenkung entschieden und den Leitzins - bereits den achten Monat in Folge - bei 0,75 Prozent beließen. (APA)