Gesellschaft

Aufgebrachte Ägypter nahmen Suez-Schifffahrt ins Visier

Neue Gewalt nach den bestätigten Todesurteilen gegen Fußballfans. Demonstranten versuchen den Kanal-Verkehr zu stören.

Kairo – Aus Wut über die Bestätigung von Todesurteilen gegen Fußballfans haben aufgebrachte Ägypter am Samstag versucht, die Schifffahrt auf dem Suez-Kanal zu stören. In der Hafenstadt Port Said lösten Demonstranten Augenzeugen zufolge mehrere Schnellboote aus ihrer Verankerung. Dem Kanalbetreiber zufolge wurde der Verkehr aber nicht beeinträchtigt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete.

Bisher galt die für den internationalen Handel wichtige Wasserstraße als Tabu bei den seit Wochen immer wieder aufflammenden Protesten. Auslöser am Samstag war, dass ein Gericht die Todesstrafen für 21 Fußballfans aus Port Said bestätigte. Der erste Richterspruch zu massiver Gewalt im Stadion hatte im Jänner schwere Krawalle ausgelöst.

Die Demonstranten machten die Schnellboote Augenzeugen zufolge in der Hoffnung los, dass sie in den Seeweg treiben und vorbeifahrende Schiffe stören. Zudem hinderten rund 2.000 Demonstranten Autofähren an der Überfahrt über den Suez-Kanal, ein wichtiger Arbeitgeber in Port Said. Die Stadt am nördlichen Eingang der Wasserstraße ist zu einem Brennpunkt der jüngsten Krawalle in Ägypten geworden. Allein in der vergangenen Woche starben mindestens acht Menschen, als sich Bewohner mit der Polizei Straßenschlachten lieferten.

Die Demonstranten fordern eine Rücknahme der Urteile. Diese richten sich gegen die laut Richterspruch Beteiligten an den Krawallen während eines Spiels von Mannschaften aus Port Said und Kairo. Dabei waren im Februar 2012 mehr als 70 Menschen getötet worden. Am Samstag verlas ein Richter die Namen der zum Tode durch den Strang Verurteilten live im Fernsehen. Fünf weitere Angeklagte wurden zu lebenslänglicher Haft verurteilt, 28 andere freigesprochen.

Diese Freisprüche wiederum lösten am Samstag in Kairo Gewalt aus. Fans des mit Port Said rivalisierenden Vereins setzten in der Hauptstadt Büros des ägyptischen Fußballverbands sowie Gesellschaftsräume einer Polizeiwache in Brand. Das Gericht verurteilte auch zwei hochrangige Polizeioffiziere zu 15 Jahren Haft - ebenfalls für Vergehen im Zusammenhang mit der Stadion-Gewalt.

Die jüngsten Proteste werfen ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten von Präsident Mohammed Mursi, zwei Jahre nach dem Sturz Husni Mubaraks für Sicherheit und Ordnung in dem nordafrikanischen Land zu sorgen. Am Samstag ordnete das Innenministerium für die Polizei auf der an Israel grenzenden Sinai-Halbinsel erhöhte Alarmbereitschaft an. Es gebe Geheimdienstinformation über drohende Anschläge von Islamisten. In der Region liegen mehrere Touristenziele.

Im Vorjahr waren bei einer Attacke auf eine Polizeistation im Sinai 15 Beamte getötet worden, die opferreichste Attacke auf der Halbinsel seit Jahren. Die Islamisten versuchten daraufhin, mit zwei Fahrzeugen der Behörden die israelische Grenze zu überrennen. Israels Regierung wirft palästinensischen Kämpfern im Gazastreifen vor, im Sinai aktiv zu sein.