Bersani verstärkt Druck auf Grillo für gemeinsame Regierung
Mitte-Links-Chef Pierluigi Bersani erklärte sich laut einem Medienbericht bereit, einem Parlamentarier der Grillo-Truppe den Posten des Präsidenten der Abgeordnetenkammer zu überlassen, um die Protestbewegung zur Unterstützung einer Mitte-Links-Regierung zu überreden.
Rom - Nach dem Patt bei den Parlamentswahlen in Italien verstärkt die Mitte-Links-Allianz den Druck auf die Protestbewegung „Fünf Sterne“ um den Starkomiker Beppe Grillo, um zur Bildung einer tragfähigen Regierung in Rom zu gelangen. Mitte-Links-Chef Pierluigi Bersani erklärte sich nach Angaben der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Sonntag-Ausgabe) bereit, einem Parlamentarier der Grillo-Truppe den Posten des Präsidenten der Abgeordnetenkammer zu überlassen, um die Protestbewegung zur Unterstützung einer Mitte-Links-Regierung zu überreden. Für Dienstag ist in Rom ein Treffen zwischen Spitzenpolitikern des PD und Grillo-Anhängern geplant.
Bersanis Mitte-Links-Allianz ging als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen am 24. und 25. Februar hervor, im gleichberechtigten Senat kam aber kein Bündnis auf eine ausreichende Mehrheit. Grillo hatte bisher jegliche Allianz mit den etablierten Parteien ausgeschlossen. Er hatte sich lediglich bereit erklärt, einzelne Gesetze im neuen Parlament zu unterstützen, die seinem Regierungsprogramm entsprechen. Die Protestbewegung erreichte bei den Parlamentswahlen den dritten Platz.
Sollte Grillo auf seiner Position beharren, will Bersani versuchen, eine Minderheitsregierung mit der Unterstützung der Zentrumsbewegung um den scheidenden Premier Mario Monti aufzubauen. Monti will Bersani das Amt des Senatspräsidenten anbieten. In diesem Fall müsste jedoch ein Interimspremier ernannt werden, der die Regierungsgeschäfte bis zur Bildung eines neuen Kabinetts führen müsste, was in Italiens republikanischer Geschichte ein Novum darstellen würde.
Bersani: keine Regierung mit Berlusconis Allianz
Die Mitte-Rechts-Allianz um Silvio Berlusconi, die zur stärksten Gruppierung im Senat aufgerückt ist und so für ein Wahlpatt gesorgt hat, beobachtet mit Argusaugen Bersanis Bemühungen zur Bildung einer Minderheitsregierung. Bersani weigert sich, eine Regierung mit Berlusconis Allianz einzugehen. „Wir fordern die PD auf, Italien nicht ihren egoistischen Parteiinteressen zu opfern. Wenn die PD in der Lage ist, eine solide Regierung aufzubauen, soll sie es rasch tun, ansonsten soll es Neuwahlen geben. Italien kann nicht lange auf eine Regierung warten“, sagte der Chef der Berlusconi-Partei Volk der Freiheit (PdL), Angelino Alfano. „Zwischen dem politischen Zusammenbruch und einem Urnengang im Juni bevorzugen wir Wahlen“, fügte Alfano hinzu.
Bersani handelt bei seinen Bemühungen um die Regierungsbildung unter dem Druck der internationalen Ratingagenturen. Am Freitag stufte Fitch die Kreditwürdigkeit des von Schulden- und Wirtschaftskrise gebeutelten Landes um eine Note herab. Die Fitch-Experten halten die Bildung einer stabilen Regierung in den kommenden Wochen für unwahrscheinlich. Wirtschaftsminister Vittorio Grilli äußerte sich zuversichtlich, dass es in der Frage der Regierungsbildung voraussichtlich in den kommenden Tagen mehr Klarheit geben wird. „Die Wahl ist erst ein paar Tage her. Italien bewegt sich im normalen Zeitrahmen, den jedes Land braucht, um politische Entscheidungen zu treffen“, sagte Grilli. Er gab sich überzeugt, dass Italien den von Ministerpräsident Monti eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen werde.
Die konstituierende Versammlung des neu gewählten Parlaments ist für den kommenden Freitag geplant. Senat und Abgeordnetenkammer müssen dann ihre Präsidenten wählen. Am 19. März startet Napolitano mit den offiziellen politischen Konsultationen unter den Parteien. Er hofft, bis Ende März den Auftrag für die Regierungsbildung erteilen zu können. (APA)