Schwarzgeldskandal

Frankreichs Politiker legen Vermögen offen

Als erste Konsequenz aus dem Schwarzgeldskandal in Frankreich veröffentlicht die Regierung am Montag die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Minister. Auch die Abgeordneten und Senatoren sollen folgen. Mehrere Politiker warnen aber vor der „Gefahr des Voyeurismus“.

Von Christian Giacomuzzi/APA in Paris

Paris

- Die durch den Steuerskandal um Ex-Budgetminister Jerome Cahuzac (Sozialisten/PS) hervorgerufene Regierungskrise hat in Frankreich zu einer Premiere geführt: der Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Politikern. Auf Initiative von Präsident Francois Hollande (PS) werden die Aktiva der 37 Minister sowie des Regierungschefs Jean-Marc Ayrault (PS) veröffentlicht. Einige Minister publizierten ihr Vermögen bereits vor dem offiziellen Termin und lösten dadurch Konsternation bei den Franzosen aus, für die Geldfragen ein Tabu sind.

„Die Franzosen sprechen leichter über die Sexualität als über Geld“, erklärte die Soziologin Janine Mossuz-Lavau. Laut einer jüngsten Umfrage wird die Veröffentlichung der Vermögenslage dennoch von 63 Prozent der Franzosen befürwortet. Die Erklärungen werden von den Ministern selbst durchgeführt, sind nicht verifizierbar, und im Falle einer Falscherklärung sind keine Sanktionen vorgesehen.

Während sich die Minister ziemlich rasch an die Neuregelung anpassten, so sorgte sie bei den Parlamentariern im rechten wie im linken Lager für großen Unmut. Die Veröffentlichungspflicht soll auf die Abgeordneten und Senatoren durch eine Gesetzesvorlage ausgedehnt werden, die ab dem 24. April in der Nationalversammlung zur Debatte steht.

„Gefahr des Voyeurismus“

Sowohl der sozialistische Präsident der Nationalversammlung, Claude Bartolone, als auch der UMP-Chef Jean-Francois Cope warnten vor einer mit der Vermögensoffenlegung der Politiker verbundenen Gefahr des Voyeurismus. Verwaltungsministerin Marylise Lebranchu (PS) beklagte, dass sich die Verpflichtung der Vermögensdarlegung auch auf die Familie auswirke. „Mein Mann hat nicht die ganze öffentliche Verwaltung geheiratet“, betonte Lebranchu.

Frankophonie-Ministerin Yamina Benguigui beklagte es, „intime Erinnerungen“ aufs Tapet bringen zu müssen wie etwa „das Erbe meiner Großmutter und meines Vaters“. Der Linksaußen Jean-Luc Melenchon, Chef der „Linkspartei“ (PG), veröffentlichte in seinem Blog seine Körpermaße. „Wir werden bis zum Ende gehen, denn wir benötigen Durchsichtigkeit“, erwiderte Premier Ayrault auf die Kritiken und fügte hinzu: „Andere Länder haben es bereits gemacht und kommen damit gut zurecht.“

Markensessel, Kunstwerke oder 13 Jahre altes Auto

Bisher räumte bloß die Gesundheitsministerin Marisol Touraine ein, dass sie die Vermögenssteuer ISF zahlt, weil sich ihr Vermögen auf insgesamt 1,4 Millionen Euro belaufe. Industrieminister Arnaud Montebourg gab etwa einen „kontemporären Markensessel“ in seinem Vermögen an, während die grüne Wohnbauministerin Cecile Duflot mit einem „mehr als 13 Jahre alten Auto“ aufsehen erregt, das gewiss nicht den jüngsten Standards der Regeln für die Schadstoffemissionen entspricht. Mit großer Spannung wird die Erklärung von Außenminister Laurent Fabius erwartet, der als großer Kunstsammler bekannt ist.

Finanzminister Pierre Moscovici, der in dem Steuerskandal besonders unter Beschuss ist, unterstrich die „Bescheidenheit“ seines Vermögens. Auch einige Parlamentarier griffen bereits der Erklärungspflicht vor. Der konservative Altpremier und gegenwärtige Abgeordnete Francois Fillon (UMP), bekannt als großer Liebhaber von Rennautos, gab das Eigentum eines Geländewagens mit Vierradantrieb und einer Limousine an.

Ein Einkommen von 90.000 Euro pro Monat deklarierte dagegen Thierry Robert, ein konservativer Abgeordneter des Übersee-Departements Reunion. Er beklagte sich über die Höhe der Steuern und drohte mit der Abwanderung auf die nahe gelegene Insel Mauritius, wenn sich das nicht ändern sollte.

Cahuzac-Affäre bringt Hollande in Bedrängnis

Der Veröffentlichungszwang wurde von Hollande nach dem Skandal um den Ex-Haushaltsminister Cahuzac durchgesetzt worden. Cahuzac war am 19. März von seinem Amt als Minister zurückgetreten. Seit Dezember berichteten die Medien, insbesondere das Enth?llungsportal „Mediapart“, dass der Sozialist ein Auslandskonto besitze.

Erst am 2. April gestand Cahuzac nach längerem Leugnen dessen Existenz ein. Die Justiz erhob wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche gegen ihn Anklage. Die Affäre brachte die Regierung von Präsident Hollande arg unter Druck. Finanzminister Moscovici wird von der Opposition der Versuch vorgeworfen, Cahuzac in der Affäre reinzuwaschen. Premier Ayrault wird verdächtigt, von der Affäre bereits im Dezember gewusst zu haben.

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