Reform des Wehrdienstes beginnt bei den Kellnern
Militärische Ausbildung soll dem Wehrdienst Sinn geben. Dafür will die Koalition auch „die eine oder andere Million“ springen lassen.
Von Wolfgang Sablatnig
Judenburg –Dass SPÖ und ÖVP einander wegen des Bundesheeres in den Haaren liegen, war einmal. Gestern, bei der Präsentation der ersten Schritte der Wehrdienst-Reform, ließen Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die früheren Differenzen nur mehr sehr unterschwellig durchklingen. Gefragt ist der neue Gleichschritt in der Sicherheitspolitik, auf den sich SPÖ und ÖVP nach dem Nein der Österreicher zum Berufsheer – und noch mehr nach dem Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums – verständigt haben.
Klug und Mikl-Leitner waren für ihren ersten gemeinsamen Auftritt mit dem Hubschrauber auf den Truppenübungsplatz Seetaler Alpe in der Steiermark geflogen. Binnen zwei Jahren wollen sie das bisherige Verhältnis von 60 Prozent „Systemerhaltern“ zu 40 Prozent Grundwehrdienern mit militärischer Funktion umdrehen. Nur noch 40 Prozent der Rekruten sollen als Köche, Kellner, Mechaniker, Fahrer und Hilfskräfte im Büro dienen. Bei 22.000 Grundwehrdienern pro Jahr sollen 4000 Stellen umgeschichtet werden. In einem ersten Schritt sollen heuer im Herbst 350 junge Männer statt als Kellner und Chauffeure bei der Truppe eingesetzt werden.
Zusätzliche Kosten würden dadurch nicht anfallen, hofft Klug. Die Kellner und Fahrer werden schlicht nicht ersetzt.
Anders ist die Situation auf der Seetaler Alpe, die Klugs Vorgänger Norbert Darabos (SPÖ) zum Pilotversuch einer Heeresliegenschaft ohne Systemerhalter ausbauen hat lassen. Ein elektronisches System mit steuerbaren Tafeln ersetzt die 36 Rekruten, die bei Schießbetrieb rund um das Areal in den Bergen Wanderer und Tourengeher gewarnt haben. In der Cafeteria servieren Leiharbeitskräfte. Und zum Putzen wurde eine Firma engagiert. Die Kosten: 320.000 Euro für die ersten Investitionen und weitere 270.000 Euro pro Jahr für Personal.
Klug wollte gestern nicht erläutern, wie hoch die zusätzlichen Kosten für die Umstellung weg von den Systemerhaltern sein werden. Er sagte nur, er wolle das Geld durch Einsparungen und Umschichtungen aufbringen – und wenn das nicht reichen sollte, habe der Bundeskanzler „die eine oder andere Million“ in Aussicht gestellt.
Ihren Endbericht für die Reform der Wehrpflicht kündigten Klug und Mikl-Leitner für Ende Juni an. Erst dann wollen sie verraten, welche Verbesserungen junge Männer noch zu erwarten haben.
Manches, wie neue Sporthallen, wird noch einige Jahre auf sich warten lassen. Andere Maßnahmen können schneller gehen, versprechen die militärischen Planer: WLAN-Hotspots in den Kasernen etwa, oder die Aufstellung von Getränke- und Imbiss-Automaten. Und ein besserer Umgang mit den Soldaten: Die jungen Männer sollen wertschätzend behandelt werden, formulierte es Mikl-Leitner.