Anschlag in den USA

Bombenanschlag beim Boston Marathon: drei Tote, mehr als 100 Verletzte

Bei zwei Explosionen nahe der Ziellinie des Bostoner Marathons wurden mindestens drei Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Ein dritter Sprengsatz wurde von der Polizei kontrolliert gezündet.

Boston – Vier Stunden nach dem Start des Boston Marathons endete der Traditionslauf mit einem Blutbad. Kurz vor 15 Uhr (Ortszeit) explodierten fast gleichzeitig zwei Bomben unmittelbar vor der Ziellinie. Drei Menschen wurden in den Tod gerissen, laut dem örtlichen TV-Sender WCVB ist eines der Todesopfer ein achtjähriges Kind. Mehr als 100 Menschen - darunter auch Kinder - wurden verletzt, mindestens sechs befanden sich laut CNN in kritischem Zustand. FBI-Ermittler sprachen wenige Stunden später von einem Terroranschlag, berichtete der US-Sender CNN.

Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die Läufer im Zielbereich zu Boden gingen, während eine meterhohe Rauchwolke aufstieg. Menschen liefen davon, Polizei und Rettungskräfte eilten Verletzten zu Hilfe.

Zwei laute Explosionen

Als sich die Explosionen ereigneten, hatten die ersten Läufer bereits Stunden zuvor die Ziellinie überquert. „Ich hörte zwei sehr laute Explosionen“, berichtete ein Augenzeuge. „Ich sah auch sehr, sehr schwere Verletzungen“, fügte er im TV hinzu. „Es war das reine Chaos“, sagte Chad Wells dem Sender CNN. Er hatte mit seinem Sohn den Zieleinlauf seiner Frau verfolgt, als die Bomben explodierten. Nach Angaben der Organisatoren waren 23.326 Läufer an den Start gegangen. 17.584 seien schon vor den verheerenden Explosionen im Ziel angekommen. Der Wettkampf wurde sofort nach den Detonationen abgebrochen, die verbleibenden Läufer an einen sicheren Platz umgeleitet.

Das österreichische Außenministerium hatte in der Nacht keine Hinweise darauf, dass auch Österreicher von den Explosionen betroffen sein könnten. Laut der Internetseite der Organisatoren waren auch 41 Österreicher für den Marathon angemeldet. Außenamts-Sprecher Martin Weiss sagte in der Nacht auf Dienstag, die österreichischen Vertretungsbehörden stünden mit den lokalen Behörden in Kontakt. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass sich Österreicher unter den Toten oder Verletzten befänden.

Der Zielraum bot ein Bild des Schreckens: Auf Straße und Gehweg war überall Blut, Augenzeugen berichteten von abgerissenen Körperteilen. Überall lagen Trümmer. Innerhalb kürzester Zeit wurden die Verletzten versorgt und in umliegende Krankenhäuser gebracht.

Dritter Sprengsatz entschärft

Gleichzeitig nahm die Polizei die Ermittlungen auf. Sofort wurden FBI, State Police und National Guards hinzugezogen, berichtete der Bostoner Polizeichef Ed Davis bei einer ersten Pressekonferenz. Ein weiterer Sprengkörper wurde an einem anderen Ort in Boston gefunden. Die Bombe wurde von Sprengstoffexperten entschärft. Die Untersuchungen stünden noch am Anfang. Es habe sich niemand zu den Anschlägen bekannt, eine Warnung habe es vor dem Marathon nicht gegeben. Er bat die Menschen in der Stadt, nach Hause zurückzukehren oder in ihre Hotels zu gehen. Sie sollten abwarten, bis die Polizei Entwarnung gebe.

Bei einer weiteren Presskonferenz erklärte Davis, es sei noch kein Verdächtiger verhaftet worden. Er sagte, die Bomben hätten eine starke Sprengkraft gehabt. Berichte, ein dritter Sprengsatz sei etwa eine Stunde nach den ersten Detonationen in der JFK-Biblothek explodiert, nannte der Polizeichef in der zweiten Presskonferenz „verfrüht“. Der Vorfall scheine in Zusammenhang mit einem Feuer zu stehen, teilte die Polizei der Ostküstenmetropole über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Obama: Täter werden zur Rechenschaft gezogen

Unmittelbar nach dem Anschlag wurde auch US-Präsident Barack Obama von der Tragödie in Boston informiert. Bei einer Presskonferenz im Weißen Haus warnte er vor voreiligen Schlüssen: „Wir haben noch nicht alle Antworten. (...) Wir wissen noch immer nicht, wer das getan hat und warum.“ Es werde aber alles getan, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. „Wir werden herausfinden, wer das getan hat und warum. Aber seien sie sich sicher: Jedes verantwortliche Individuum, jede verantwortliche Gruppe wird das volle Gewicht der Justiz zu spüren bekommen.“ Das Wort „Terroranschlag“ vermied der US-Präsident aber.

Die Sicherheitsvorkehrungen werden im ganzen Land „so weit wie nötig“ verschärft werden. Er habe mit dem Direktor des FBI, dem Bostoner Bürgermeister Tom Menino und Deval Patrick, dem Gouverneur von Massachusetts, über die Lage gesprochen. Zur Aufklärung der Vorfälle in Boston stünden die „vollen Ressourcen“ der US-Regierung zur Verfügung. Die Flugsicherheit FAA verhängte zeitweise ein Flugverbot über Boston, in Washington wurden die Sicherheitsmaßnahmen um das Weiße Haus und in den U-Bahnen verschärft. Die Sicherheitskräfte schalteten das Mobilfunknetz in Boston ab, um mögliche Fernzündungen zu verhindern.

„Ein schrecklicher Tag für alle Amerikaner“

Ed Davis berichtete, dass sämtliche Einsatzkräfte der Bostoner Polizei gemeinsam mit den Bundesbeamten die Stadt durchkämmten. Alle Taschen, Rucksäcke und Pakete, die rund um den Tatort liegen gelassen wurden, würden als potentielle Gefahr angesehen werden und von Sprengstoffexperten untersucht. „Es kann sein, dass sie auch Dinge kontrolliert sprengen werden.“

Die US-Flaggen über dem Kongressgebäude in Washington wehten nach dem Bombenanschlag in Boston auf Halbmast. Das ordnete Parlamentspräsident John Boehner noch am Montag an. „Das ist ein schrecklicher Tag für alle Amerikaner“, schrieb er in einer Mitteilung.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich in einer ersten Reaktion erschüttert. Es handle sich um einen schrecklichen und sinnlosen Akt der Gewalt. Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und der britische Premierminister David Cameron reagierten schockiert auf die Explosionen in Boston. Das Boston Symphony Orchester sagte ein für den Abend geplantes Konzert ebenso ab wie die Eishockeymannschaft der Boston Bruins ihr Heimspiel.

Es handelte sich offensichtlich um den ersten tödlichen Terrorangriff in den USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Seitdem finden Marathonläufe und andere große Sportveranstaltungen in den USA unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen statt. Der Boston Marathon gehört zu den populärsten Rennen an der amerikanischen Ostküste. Jedes Jahr nehmen daran mehr als 20.000 Menschen teil. Bis zu 500.000 Menschen sind außerdem als Zuschauer an der Strecke. (smo, dpa, APA)

Verwandte Themen