Präsidentenwahl in Italien

Die Ära Napolitano geht zu Ende – Nachfolger verzweifelt gesucht

Italiens politische Hängepartie dauert an. Erst die noch nicht bewältigte Regierungskrise nach dem Patt bei der Parlamentswahl. Jetzt tun sich die Parteien schwer, sich auf einen neuen Staatschef zu einigen. Denn Giorgio Napolitano räumt am 15. Mai das Feld.

Rom – Viele Kandidaten, kein Favorit: Rom fiebert einer spannenden Präsidentenwahl mit völlig offenem Ausgang entgegen. Die beiden Parlamentskammern kommen am Donnerstag zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um einen Nachfolger für Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano zu wählen, dessen siebenjähriges Mandat am 15. Mai ausläuft. Trotz intensiver politischer Beratungen konnten sich die beiden stärksten politischen Blöcke – die Mitte-Links-Allianz um Pierluigi Bersani und das Mitte-Rechts-Bündnis um Silvio Berlusconi – bisher auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen.

Viele mögliche Kandidaten im Gespräch

Am Vortag der Wahl sind nun hektische politische Konsultationen über aussichtsreiche Kandidaten im Gange. Nach Angaben italienischer Medien führt Bersani Gespräche mit dem Mitte-rechts-Block in der Hoffnung, Ex-Premier Giuliano Amato in den Quirinal, den Präsidentensitz in Rom, zu hieven. Bersani unterstützt auch die Kandidatur des Verfassungsrechtlers Sabino Cassese, berichtet die Tageszeitung La Repubblica.

Bersani führte am Dienstag Gespräche mit den ehemaligen Parlamentspräsidenten Franco Marino und Luciano Violante. Beide gelten als mögliche Kandidaten des Mitte-Links-Blocks. Noch unklar ist, ob Bersani auch die Kandidatur des früheren Regierungschefs und Ex-EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi unterstützt. Prodi ist für Berlusconi ein rotes Tuch. Die Linke könnte daher auf größere Probleme stoßen, den Professor aus Bologna in den Präsidentensitz zu bringen.

Noch unklar ist auch, wen die Mitte-Rechts-Allianz bei der Wahl unterstützen wird. Indiskretionen zufolge ist Berlusconi bereit, Amato zu wählen. Gegen den Ex-Premier wehrt sich jedoch die „Fünf Sterne“-Bewegung von Beppe Grillo heftig, die als drittstärkste Partei im römischen Parlament eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Bisher einzige sichere Kandidatin vermutlich nicht interessiert

Als einzige sichere Kandidatin für den Quirinalpalast steht bisher die Starjournalistin Milena Gabanelli fest. Die TV-Reporterin trat als erfolgreichste Kandidatin bei einer von der „Fünf Sterne“-Bewegung organisierten Online-Abstimmung hervor. Bei diesen „Vorwahlen“ konnten die Mitglieder der Protestbewegung um den Starkomiker Grillo unter zehn Spitzenkandidaten wählen. Gabanelli, Italiens bekannteste TV-Enthüllungsjournalistin setzte sich vor dem Gründer der humanitären Organisation „Emergency“, Gino Strada, und dem Garanten für Datenschutz, Stefano Rodota durch.

Da Gabanelli sehr wahrscheinlich jedoch nicht an einer Kandidatur für das Präsidentenamt interessiert ist, könnte die Grillo-Bewegung als „politischen“ Kandidaten Stefano Rodotá unterstützen, heißt es in Rom. Der langjährige Parlamentarier der Linken könnte im Parlament parteiübergreifende Unterstützung erhalten.

Nachfolger steht vor schwerer Aufgabe

Auf Napolitanos Nachfolger wartet jedenfalls gleich zu Beginn des Mandats ein harter Brocken. Denn obwohl ihm Politiker aus allen Lagern zugute halten, dass er in seiner siebenjährigen Amtszeit mit Fingerspitzengefühl und diplomatischem Talent seine Aufgaben gemeistert hat, ist Napolitano ausgerechnet zu Ende seines Mandats an seiner letzten großen Herausforderung gescheitert: Der Bildung einer tragfähigen Regierung. Die Aufgabe, einen Weg aus dem politischen Stillstand zu finden, überlässt Napolitano nun seinem Nachfolger. (tt.com/APA)

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