Kunst

Von Schläuchen umarmte Riesenseifenblase

„Splined spheres“ im Innsbrucker aut, entwickelt von der Kunststoffverarbeiterin Ursula Klein und der Architektin Valentine Troi.

Von Edith Schlocker

Innsbruck –Von ihrer Anmutung her sind die stille Ursula­ Klein und die quirlige­ Valentine Troi wie Tag und Nacht. Als kreative Denkerinnen und Macherinnen passen die Wienerin und die gebürtige Südtirolerin allerdings ideal zusammen. Denn sowohl die 38-jährige Ursula Klein, deren seit zehn Jahren von ihr geführtes Familienunternehmen seit den 50er-Jahren Aufblasbares aus Kunststoff herstellt, als auch die zwei Jahre jüngere gelernte Architektin Valentine Troi fasziniert das Überschreiten von Grenzen, das Möglichmachen von scheinbar Unmöglichem.

Um sich bestens in einer Welt zu behaupten, die an sich von Männern dominiert ist: der Materialforschung. Was für ein Potenzial sich hier für die zwei jungen Frauen eröffnet, führen sie in ihrer gemeinsamen Ausstellung „splined spheres“ im Innsbrucker aut vor.

Die eigentlich in der untersten Ebene beginnt, wo die beiden auf einem riesigen Tisch ihre Rohmaterialien ausgebreitet haben und über Monitore vorführen, was sie so tun. Real zu begreifen sind Kunststoffe in verschiedenen Farben und Qualitäten sowie das von Troi entwickelte „splineTEX“ in den unterschiedlichsten Dimensionen. Ein schlauchförmiger Faserverbundwerkstoff, den die gelernte Architektin im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojekts an der Innsbrucker Architekturfakultät entwickelt hat.

Im Gegensatz zur Universität interessierte sich bald die Telfer Firma Thöni für das innovative Produkt, wurde zum Partner für ein gemeinsames Spin-off-Unternehmen, dessen Geschäftsführerin Troi seit 2011 ist. Um inzwischen mit sechs Mitarbeitern Komponenten für diverse Wirtschaftszweige zu entwickeln, in denen es primär um Leichtigkeit geht. Im Moment wird gerade an einem Vorprojekt für EADS Astrium getüftelt, einer superleichten Konstruktion, die sich in der Schwerelosigkeit des Weltraums entfalten können muss.

„splineTEX“ ist ein schlauchförmiger Faserverbundwerkstoff, der aus Kohle-, Glas-, Basalt- oder Hanffasern besteht sowie einer Hartmatrix, wodurch ganz leichte und beliebig formbare Konstruktionen erzeugt werden können. Hat es die Architektin doch immer gestört, dass per Computer zwar die kühnsten Formen generiert werden können, ihre Umsetzung aber oft am Fehlen entsprechender Materialien scheitert.

Nach 25 Jahren der Verarbeitung von Folien verspürte auch Klein eine gewisse „Entzauberung“. Um im Generieren aufblasbarer Räume eine neue Herausforderung zu finden, die in ihrer wunderbaren Fragilität ebenso stabil wie höchst verletzlich sind. Sind sie letztlich doch nichts anderes als konstruierte Leere. Wobei aufblasbare Strukturen immer eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen, immer rund werden.

Durch die Kombination mit Trois „splines“ können diese Regeln durchbrochen werden. Im aut eindrucksvoll vorgeführt in einer monumentalen Installation. Wo zehn dicke „splines“ in der Länge von bis zu 16 Metern eine transparente Hülle umschlingen, die wie eine riesige Seifenblase mit einem Durchmesser von fast fünf Metern daherkommt.

Ihre ursprünglich runde Form wird durch die gehärteten Stränge zum Ellipsoid, einen Stock tiefer werden Pneus schraubig verdreht oder polsterförmig gedehnt. Ursprünglich zweidimensionale Folien­elemente mutieren auf diese Weise zu komplexen Raumgebilden, wie sie mit herkömmlichen Materialien nicht machbar wären. Was passiert, wenn die fragile Hülle des Ellipsoids zerstört wird, wollen Troi und Klein allerdings erst nach Ablauf der Schau ausprobieren.

Verwandte Themen