Vom Baum im Wald bis zum Chor der verwendeten Hölzer

Die Innsbrucker StadtführerINNen starten in die Saison und führen in versteckte Werkstätten. Wie in die des Gitarrenbauers Matthias Tilzer.

Von Nikolaus Paumgartten

Innsbruck –Dock, dock, dock. Matthias Tilzer klopft gegen eine dünne Holzplatte und bringt sie damit zum Schwingen und Klingen. Bis das Holz bearbeitet, an seinem vorgesehenen Platz ist und dazu beitragen wird, dass eine ganze Palette von Tönen erklingen kann, werden noch bis zu 150 Arbeitsstunden vergehen. Matthias Tilzer ist Gitarrenbaumeister, hat sein Handwerk in Mittenwald gelernt und sich auf die Herstellung klassischer Gitarren spezialisiert. Seine Werkstatt in der Innsbrucker Museumstraße teilt sich der Meister mit einem Geigenbauer.

Seit sieben Jahren ermöglichen es die StadtführerINNen Renate Mairoser und Angelika Schafferer Einheimischen, bei speziellen Führungen die oft versteckten Werkstätten von Innsbrucker Handwerkern zu besuchen. Heuer können Interessierte unter anderem Matthias Tilzer über die Schulter blicken.

„Ich wollte nach der Matura mein Interesse für Musik und meinen Hang zum Handwerk verbinden“, erzählt der 43-Jährige und legt die klingende Holzplatte wieder zur Seite. Aus ihr entsteht die so genannte Decke der Gitarre, also die vordere Fläche mit dem Loch, über das später die Saiten verlaufen. „Dafür brauche ich ein leichtes, aber trotzdem sehr stabiles Holz, das außerdem leicht schwingt“, erklärt Tilzer. Schließlich soll die Gitarre später nicht zu viel wiegen, aber doch dem Zug der Saiten standhalten. Der Meister setzt dabei auf die heimische Fichte. Das Griffbrett der Gitarre ist meistens Ebenholz, der Korpus ostindischer Palisander. Aber auch Ahorn würde sich dafür eignen.

Die Arbeit mit den verschiedenen Hölzern ist ein wesentlicher Teil, der das Handwerk für Matthias Tilzer so spannend macht. „Fast vom Baum im Wald bis zum fertigen Instrument wird praktisch alles von mir bearbeitet“, sagt er. „Und jedes Detail, jede Holzart, redet am Ende auf eine gewisse Art und Weise mit. Wie ein Chor der verwendeten Hölzer.“

Die Einzelteile der Gitarre verleimt Matthias Tilzer mit Haut- und Knochenleim und veredelt das Instrument mit einer Schellackpolitur, die in bis zu 30 Schichten hauchdünn aufgetragen wird. Schließlich erhält die Gitarre ihre Saiten und ist fertig.

Probleme, sich von einer fertigen Gitarre zu trennen, hat Meister Tilzer trotz der vielen Arbeitsstunden und der Leidenschaft, die darin steckt, nicht. Schließlich sichern ihm die bis zu zehn Gitarren, die jährlich seine Werkstatt zu einem Stückpreis von 4800 Euro verlassen – neben diversen Reparaturarbeiten – ein geregeltes Einkommen.

Einen Wermutstropfen an seinem Beruf findet Matthias Tilzer trotz aller Freude an der Arbeit dennoch: „Zum selber Gitarrespielen komme ich selbst nicht mehr so, wie ich das gerne würde.“ Dazu fehle ihm einfach die Zeit.

Wer Matthias Tilzer in seiner Werkstatt besuchen möchte, hat dazu am 18. Oktober im Rahmen der StadtführerINNen-Führungsreihe „Hand und Fuß“ Gelegenheit. Der Termin im April ist bereits ausgebucht. Wer nicht warten will und sich schon jetzt mit den StadtführerINNen auf Entdeckungsreise durch die Landeshauptstadt begeben will, kann sich im Internet über das Programm im Detail informieren: www.diestadtfuehrerinnen.at.